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Außensicht
Neujahrsgrüsse: Die neue Empfindsamkeit
Aus ff 02 vom Donnerstag, den 12. Januar 2023
Das neue Jahr hatte kaum angefangen, und ich hätte mich schon fast ein wenig geärgert. Da feilen unsere Boomer-Eltern jahrelang an den Manieren der von Haus aus eher wurschtigen Generation X, und plötzlich scheint alles umsonst. Händeschütteln ist seit Corona verpönt, Bussibussi nur mehr was für schrullige alte Tanten, Siezen durch den omnipräsenten Jugendwahn fast schon eine Beleidigung. Und nun der schreckliche Verdacht: Sind die klassischen Glückwünsche zu Weihnachten und Neujahr etwa auch schon out?
Die kurze Antwort: nein. Vielmehr wissen wir nicht mehr so recht, wie wir es am besten anstellen sollen. Glückwunschkarten sind virtuell und im realen Leben fantasieloser Spam, Anrufe von vorvorgestern und die sonst so hoch im Kurs stehenden Sprachnachrichten scheinen für festliche Grüße ungeeignet. Textnachrichten sind unpersönlich, und das Personalisieren derselben erfordert Zeit, die wir gerade um die Feiertage nicht haben. Was also machen die meisten Menschen? Genau, sie klatschen tausendfach kopierte Bildchen mit mehr oder minder kitschigen Engel- und Schweinchenmotiven auf ihren Status, und gut ist.
Oder eben gerade nicht. Besonders uncool findet das die Generation Z, die sich bereits vor einem Jahr auf der Plattform „Reddit“ über das inflationär gebrauchte Daumen-hoch-Emoji ausließ, es gar als „passiv-aggressiv“ und „Zeichen von Desinteresse“ brandmarkte. Es scheint, als legten die zwischen 1996 und 2010 Geborenen nicht nur Wert auf einen sensibleren Umgang mit Sprache, sondern auch auf Umgangsformen, die Wertschätzung und Interesse vermitteln. Sie sind es auch, die einen mit Glückwünschen überraschen, die persönlich und unverkrampft daherkommen. Spießig? Vielleicht, aber Schneeflocken-Bashing ist mindestens genauso out wie Onkel Herberts Facebook-Story über Tante Inges Silvestermenü.
von Bettina Conci | Schreibt Kolumnen, Kurzgeschichten, Kindgerechtes und Kontroverses
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