Außensicht

Bozner Flughafen: Pizza Bufala

Aus ff 19 vom Donnerstag, den 11. Mai 2023

Alles, was ich je über Geschwindigkeit wissen musste, lernte ich mit Anfang zwanzig auf einem Elektromoped. Als Student hatte ich damals viel Hunger und wenig Geld, aber einen Minijob als Pizzalieferant, der mir Magen und Brieftasche füllte. Geri, unser Chef, war stolz auf seine elektrische Flotte, die da durch Innsbruck sauste und das völlig zu Recht: Der Mann war seiner Zeit voraus.

Jedenfalls verstanden wir Fahrer schnell, dass nicht das Moped oder sein Akku über die Höchstgeschwindigkeit einer Pizzafahrt entscheidet, sondern der Belag unserer Fracht. Mais und Thunfisch vertrugen sich gut mit Vollbremsungen, Büffelmozzarella eher schlechter. Die suppte bei jeder schnellen Bewegung nach vorne oder nach hinten und bei besonders schnellen Kurven auch mal zur Seite. Was bei der Kundschaft ankam, konnte Pizza sein oder ein Milchshake auf Teig – den Unterschied machten wenige Kilometer pro Stunde. Wir fuhren gerne langsamer, nur so konnte die Pizza überleben.

Nun weiß ich nicht, ob Josef Gostner jemals Büffelmozzarella ausliefern musste. Aber ich ahne, dass der Mann etwas von Geschwindigkeit versteht. Seit zwei Jahren prescht seine Fluggesellschaft Skyalps schon Touristen aus aller Welt mit Turboprops nach Bozen, seit Anfang Mai gibt es eine neue Verbindung von und nach Kassel. Bis zu den „Weinbergen mit echter Südtiroler Gemütlichkeit“ dauert es nun gerade einmal 90 Minuten, jubelt die Airline. So rasant wurde noch nie relaxt. Und noch nie gab es dazu ein so gutes Gewissen: Weil man die Tochter einer Wind- und Wasserkraft-Firma sei, rechnet Skyalps vor, werde der CO2-Fußabdruck der Urlaubsreisen „von der Gruppe“ automatisch ausgeglichen. So geht Kompensation im Konglomerat: Selten wurden Treibhausgase schöner verrechnet.

Demnächst, sagt das Unternehmen, möchte man auch das „Loch“ auf der Strecke Verona-Rom füllen. Die Bufala-Lektion wäre eine andere: Geschwindigkeit kann Freiheit bedeuten, aber sie kann sie auch zerstören. Nichts ist ekliger als matschige Pizza, nichts ungemütlicher als ein kaputter Planet. Gostner selbst nennt seine Flüge ein „Premium-Produkt“ und er hat damit sehr recht: Die Frage ist, ob wir sie uns leisten können.

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