Außensicht

Burschenschaften in Algund: Studierte Leute

Aus ff 27 vom Donnerstag, den 06. Juli 2023

Von den vielen Aufgaben, die ein Bürgermeister verrichtet, ist das Vermieten von Vereinshäusern mit Sicherheit eine der leichteren. Man schließt Verträge, mit Schlagerstars und Vespa-Treffen, und am Ende, wenn die Kotze von der Tanzfläche gewischt ist, zieht man die Reinigungskosten von der Kaution ab. Quadratmeter minus feuchte Huder ergibt ein gutes Geschäft. Der Haken an dem Kreuz: Nicht nur gute Leute brauchen Platz. Hin und wieder bezahlen auch jene Burschen Miete, die man lieber nicht bei sich beherbergt hätte. Wie der Verband Deutsche Burschenschaft, der sich im Thalguterhaus Algund einnisten wollte. Neuer Lebensraum im Süden.

Wie rechts ist dieser Laden? Vor einigen Jahren diskutierte er intern eine Rückkehr zu einer Art Ariernachweis für reinrassige Abendländer. Ein Sprecher rechtfertigte das mit einem Vergleich: Man sei „leider nicht so rassistisch ausgerichtet wie zum Beispiel jüdische Organisationen“. Zuletzt gab es bei einer der Mitglieds-Burschenschaften eine Hausdurchsuchung wegen vermuteter Wiederbetätigung.

Kein Wunder also, dass man in Algund nach einem Hinweis der Antifa Meran alles dafür tut, die Miete zu stornieren. Für einen solchen Fleck wäre keine Huder groß genug. Nur Bürgermeister Ulrich Gamper zaudert offenbar. Zunächst spielte er den Unwissenden (Muss mich erst informieren), dann den Menschenfreund (Algund sei „ein offenes Dorf“). Er tauchte ab in den Dadaismus („Klare Linien wünschen sich viele auch beim Bären“), bevor er zum Media­tor wurde. Er hätte sich gewünscht, dass Burschenschafter und Antifa „in einen Dialog zueinander treten. Es sind ja allesamt studierte Leute“„.

Ich kann Gamper beruhigen. Man muss nicht studiert haben, um zu verstehen, dass Rechtsextreme in Gemeinde­häusern nichts zu suchen haben. Auch Dialog ist etwas Schönes, aber bevor man in tiefe Debatten über Ariernachweise einsteigt, sollte man doch lieber an Alternativen denken. Zum Beispiel an eine Zusammenlegung mit einer anderen Veranstaltung Ende August im Thalguterhaus: die 44. Burggräfler Rassekaninchenschau.

von Anton Rainer | Redakteur im Ressort Wirtschaft beim Spiegel in Hamburg

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