Das Abendland verliert seine Zivilisation, sagt Andreas Pfeifer. Ein Gastkommentar.
Gesellschaft & Wissen
„Prüfen jeden Fall einzeln“
Aus ff 11 vom Donnerstag, den 12. März 2020
Die Banken stellen sich wegen des Coronavirus auf harte Zeiten ein. Wie sie das zu tun gedenken, erklären die Sparkassenmanager Nicola Calabrò und Moritz Moroder. (Interview zur Titelgeschichte)
ff: Südtirols Banken hatten am Montag dieser Woche Corona-Krisensitzung. Ist die Lage sehr schlimm?
Nicola Calabrò: Das Treffen hatte das Ziel, eine gemeinsame Arbeitsgruppe einzurichten, um die Unterstützungsmaßnahmen für die Kunden zu koordinieren. In dieser schwierigen Phase ist es wichtig und notwendig, eine gemeinsame Antwort auf der Ebene des lokalen Bankensystems zu geben.
Und wenn ein Mitarbeiter am Virus erkrankt?
Nicola Calabrò: Bisher hatten wir keine positiven Fälle, aber wenn es diese gäbe, würden die von den Gesundheitsbehörden vorgesehenen Prozeduren aktiviert.
Moritz Moroder: Wir halten uns punktgenau an die Vorschriften, um die Gesundheit von Mitarbeitern und Kunden zu schützen.
Tun Sie das selbst auch?
Moritz Moroder: Seit Freitag rigoros. Wir machen unsere Konferenzen nur noch per Video, auch wenn alle, die daran teilnehmen, im Hause sind.
Nicola Calabrò: Wir haben alle Möglichkeiten aktiviert, um eine potenzielle Ansteckung zu verringern. Unnötige Dienstfahrten und Kontakte werden vermieden. Mehrere Mitarbeiter wurden mit Laptops ausgestattet, damit sie ortsungebunden oder von zu Hause aus arbeiten können.
Die italienische Wirtschaft kommt immer mehr zum Erliegen. Was macht das mit den Krediten der Bank?
Moritz Moroder: Wir haben unsere Berater angewiesen, sich mit den Kunden in Verbindung zu setzen, um eine Bestandsaufnahme vorzunehmen.
Nicola Calabrò: Unsere Bank hatte in den letzten Jahren das Ziel, die Risiken unter Kontrolle zu halten und hohe Konzentrationen in einzelnen Sektoren zu vermeiden. Damit können wir Krisensituationen besser bewältigen.
Nehmen wir die Hotels her. Viele haben groß investiert und sind verschuldet, was passiert mit ihnen?
Moritz Moroder: Es gibt unterschiedliche Situationen: Unternehmen, die stärker, und andere, die weniger ausgesetzt sind. Es gilt nun zu verstehen, ob die Drosselung der Buchungen einige Monate dauern, oder ob sie sich auch auf die gesamte Sommersaison auswirken wird ...
Nicola Calabrò: Die Krisen der Vergangenheit haben uns bereits ermöglicht, Instrumente wie Moratorien zu aktivieren, und wir bewegen uns in diese Richtung.
Die Bank denkt also an den Aufschub von Zahlungen …
Moritz Moroder: Im Dialog mit den Kunden können wir verstehen, ob es sich um die Aussetzung der Zahlung von Hypothekenraten handelt; ob es sinnvoll sein kann, die Kreditlaufzeiten zu verlängern; oder ob wir neue Kredite zur Deckung eines vorübergehenden Liquiditätsbedarfs bereitstellen. Die Situation wird von Fall zu Fall geprüft.
Sind bereits Kunden hilfesuchend in die Bank gekommen?
Moritz Moroder: Einige Kunden sind in den letzten Wochen bereits mit ihren Anliegen an uns herangetreten. Wir laden die Kunden ein, ihre Bedürfnisse rechtzeitig zu melden, damit wir unmittelbar reagieren können, bevor es zu finanziellen Ungleichgewichten kommt.
Die Börsen spielen verrückt, hat das negative Folgen für die Bank?
Nicola Calabrò: Die Börsen reagieren im Falle einer Krise immer mit Nervosität und steigender Volatilität. In den letzten Jahren haben wir auf Kundenebene in der Anlageberatung breit diversifiziert und uns nicht auf einzelne Papiere oder Sektoren konzentriert. Klarerweise wäre es in einer Negativphase wie jetzt ungünstig zu desinvestieren. Unsere Berater stehen den Kunden zur Seite, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wenn das Umfeld problematisch wird, sind die Rolle des Beraters und der Bank noch wichtiger.
Fürchten Sie Auswirkungen auf die Bilanz für das laufende Jahr?
Nicola Calabrò: Unsere Bank ist gut vorbereitet, diese Notlage zu bewältigen. Die vorsichtige Politik der letzten Jahre ermöglicht es uns, der Krise mit einer soliden Kapitalbasis und einer angemessenen Risikoüberwachung zu begegnen. Auf der Grundlage der uns heute zur Verfügung stehenden Informationen glauben wir, dass es im laufenden Jahr zu einer Verringerung der Gesamterträge kommen könnte; aber es ist verfrüht, das Ausmaß abzuschätzen. Wir arbeiten daran, diese Bewertungen genauer zu definieren.
Moritz Moroder: Es wird auch vom Effekt der Krise auf einzelne Sektoren abhängen, also auch auf Dienstleister, Restaurants, Handwerker sowie Produktionsbetriebe, und wie stark die Auswirkungen auf die Wirtschaft und das Produktionssystem ingesamt sein werden.
Warum die Produktionsbetriebe?
Moritz Moroder: Bereits jetzt gibt es Anzeichen, dass es zu einer Verlangsamung des Produktionszyklus kommen könnte, mit Auswirkungen auf die Zahlungen an die Zulieferer oder auf die Arbeitnehmer. Die nächsten 6 Monate werden entscheidend sein, um zu verstehen, ob sich die Situation wieder normalisiert oder nicht.
Warum sechs Monate?
Nicola Calabrò: Es stellt sich nach den von der Regierung beschlossenen Maßnahmen, mit Beginn der warmen Jahreszeit und auch dank der etwaigen Verfügbarkeit von Impfstoffen die Frage, ob es möglich sein wird, die Epidemie zu stoppen – aber dies vermutlich nicht vor den Sommermonaten.
Wie gut ist Südtirol vorbereitet?
Nicola Calabrò: Wir haben in Südtirol sehr viele Betriebe, die gut aufgestellt sind und die das auch verkraften können. Wir leben in einem Gebiet, das über ein solides Fundament verfügt und das dank der Unterstützung des öffentlichen Sektors und der Banken in der Lage sein wird, der Krise zu begegnen und diese zu meistern, auch wenn es nicht einfach wird.
Interview: Karl Hinterwaldner
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