Der Landtag hat ein neues Gesetz zur Gewalt gegen Frauen verabschiedet – gut so! Doch die Politik allein kann das Problem nicht lösen.
Gesellschaft & Wissen
Der bessere Schutz
Aus ff 49 vom Donnerstag, den 09. Dezember 2021
Der Tiroler Antitransitkämpfer Fritz Gurgiser wendet sich in einem Gastkommentar an den selbsternannten Freiheitskämpfer Jürgen Wirth Anderlan und seine Anhänger (ff 46/2021). Er sagt: „Streitet mit der Politik über alles, was sie falsch macht. Aber lasst euch impfen!“
Sind sie nun „tamisch“ oder „liab“, die selbsternannten Freiheitskämpfer rund um Jürgen Wirth Anderlan? Ich würde sagen: Beide Begriffe sind grundfalsch in diesem Zusammenhang. Denn ein Virus orientiert sich nur daran, wer ihm freiwillig Platz bietet.
Deshalb eine klare Meinung dazu, denn es ist wichtig, dass wir nicht schweigen! Und zwar, weil wir wissen, was wir an unseren Damen und Herren im ärztlichen Bereich (praktisch wie wissenschaftlich) und an unserem gesamten Gesundheits- und Pflegesystem haben. Und weil ich mich jahrzehntelang persönlich für die Gesundheit nördlich und südlich des Brenners engagiert habe: Ja, es ist richtig, für die Gesundheit auf die Straße zu gehen.
Und: Nein, es ist grundfalsch, für das Infizieren auf die Straße zu gehen. Die meisten der heutigen „Demonstranten“ haben wir übrigens nicht ein einziges Mal auf der Autobahn gesehen, als es um Entlastungen vom Transit zugunsten der Gesundheit gegangen ist.
Ob der Herr Jürgen Wirth Anderlan einer mehr von denen ist, dem das Virus nicht die Lunge, sondern das Gehirn angegriffen hat, das weiß ich nicht. Aber dass auch noch schamlos der Andreas Hofer missbraucht wird, zeigt die große Respektlosigkeit dieser Gruppe.
Eine Pandemie, die der Gesellschaft schwere gesundheitliche, psychische, physische und existenzielle Schwierigkeiten im privaten wie betrieblichen Bereich beschert, hat nichts auf Stammtischen, politischen Bazaren oder bei „Querdenkern“ zu suchen (das sind laut dem Schauspieler Christoph Waltz Menschen, die quer entlang ihres Brettes vor dem Kopf denken).
Ja, ich habe den „echten Tiroler Adler“ in meiner Haustür – als lebenslangen Begleiter, der mir täglich sagt: „Führ dich halbwegs auf!“ Das haben mir meine Eltern oft händeringend in meiner Jugend mitgegeben, wo ich meine „Freiheiten“ ausgelebt habe. Gott sei Dank hatte ich immer einen Schutzengel dabei, wenn wir etwas übertrieben haben.
Heute bin ich meiner Mutter, die in Kürze 97 wird, für einen Satz sehr dankbar, den sie mir bei meinem letzten Besuch mitgegeben hat: „Wären wir in den Fünfziger-, Sechziger- und Siebzigerjahren so leichtsinnig mit dem Impfen umgegangen, dann wären viele unserer Kinder entweder schwer krank geworden oder gestorben.“ Denn früher habe es auch Kindergräber gegeben, die es bei entsprechender ärztlicher Behandlung nicht gegeben hätte.
Das nur als Denkanstoß. Wenn ihr der Politik misstraut, dann habt ihr das Recht dazu, denn ich selbst habe seit Ausbruch der Pandemie im März 2020 kein einziges Mal auf die Politik gehört, sondern die gefragt, die es wissen: Ärztinnen und Ärzte aus der Praxis oder der Wissenschaft.
Deshalb bin ich heute freiwillig wie meine Familie und der Großteil meiner Freundinnen und Freunde dreimal geimpft. Ich schließe mit einem Satz, der schon mein ganzes Leben prägt: „Die persönliche Freiheit beginnt dort, wo sie andere nicht belastet oder ihnen nicht schadet.“
Das gilt im Besonderen bei einer Pandemie, wo der einzige Gewinner immer nur das Virus ist – bekämpfen wir ihn, haben wir alle eine Gewinnsituation. Mit der Politik streiten, können wir über Tausende andere Themen, die niemandem gesundheitlich schaden.
Das auch ein Appell an Jürgen Wirth Anderlan und seine Anhänger – mit der persönlichen Bitte: Lasst euch impfen! Streitet mit der Politik über alles, was sie falsch macht. Da gibt es genug zu tun. Aber denkt daran, dass die Impfung der weit bessere Schutz für uns alle ist als die Nicht-Impfung.
Fritz Gurgiser, Bürgerrechtler
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