„Wein & Genuss in Südtirol“

Otto Geisels Spaziergänge durch unsere Keller & Gaststuben.

Otto G.?, Otto wie?, diesen Namen hört ich nie!“ – Nun, der Münchner Otto Geisel mit Zweitheimat Völs am Schlern hat in seinem 60-jährigen Leben (herzliche Nachgratulation an dieser Stelle zum runden Geburtstag im Dezember!) so ziemlich die wichtigsten Stationen eines Global-Gastrologen durchlaufen: Als Spross einer tiefverwurzelt bayrischen Wirtsfamilie ist er vom Salatwäscher bis zum Chefkoch, vom Saucier bis zum leitenden Hotelboss, vom aufstrebenden Sommelier bis zum Gastronomie-Kritiker und Wein-Autor alles gewesen und irgendwie wohl in Personalunion auch alles geblieben.

Zweifellos gehört Otto Geisel zu den in bayrischen Medien geschätzten Prominenten. Ja, gäbe es die Kult-Sendung „Kir Royal“ noch, mit Baby Schimmerlos und dem Fotografen Herbie, dann käme der große Otto zumindest als Gast am Tische des damals viel besuchten Jahrhundertkochs Eckart Witzigmann in der Kultserie vor.

Soweit gut. Auch in Südtirol ist Otto Geisel längst mehr als ein unbekannter Zuagroaster, der gerne in Völs seinen Urlaub verbringt. Schuld daran sind Ottos vorzügliche Kontakte zu unseren Kellermeistern und -geistern: Immerhin ist Otto G. nicht nur der erste gerichtlich beeidete Wein-Sachverständige Deutschlands, zusätzlich ist er Wein-Chef des Gault-Millau-Verkosterteams von 2 Bundesländern (ab 2021 auch des GM-Ablegers Südtirol).

In der jüngeren Vergangenheit war Geisel gern gesehener, manchmal brillant agierender Referent bei Südtiroler Weinveranstaltungen (u.a. St. Magdalener-Tagung im „Laurin“ oder Weißburgunder-Tage in Eppan). Jetzt ist Ottos zweites Südtirolbuch rund um Pípplen&Pappen erschienen: „Wein & Genuss in Südtirol. 40 Spitzenwinzer und ihre kulinarischen Lieblingsorte“ – mit Fotografien seines Freundes Joachim Schmeisser, der gestützt auf seine Erfahrungen in der Werbebranche dramatische Schnee-, Herbstlaub-, Reben-Abbildungen ebenso gut abliefert wie verschmitzt-hintersinnig lächelnde Weinmenschen.

„Genuss, insbesondere beim Wein“, schreibt Geisel in seiner Einleitung, „ist nicht auf die reine Sensorik beschränkt, denn Geschmack ist weder mit dem Metermaß messbar noch mit der Stoppuhr festzuhalten und auch nicht mit der Briefwaage zu wiegen. Kurz, für Geschmack gibt es keine Mathematik!“

Im Buch sind 40 Weingüter und ihre Protagonisten porträtiert – von Salurn bis Bozen, von Bozen bis Brixen, vom Burggrafenamt bis in den Vinschgau. Die Auswahl der Weingüter ist – wie könnte es auch anders sein – sehr subjektiv; dem einen weinbegeisterten Leser mag vielleicht die Eisacktaler Kellerei darin fehlen oder die Stiftskellerei Neustift, die Kurtatscher, Meraner, Kalterer Kellerei …., die er vielleicht lieber hätte als den Polterer Dipoli, der lauter als seine Weine ist; die er lieber als den Grottnerhof drinnen hätte, weil da der Weinbau doch noch seeeehr jung ist. Aber egal, weil: Die gesamte Südtiroler Weinlandschaft abzubilden, das Monumentale also, das muss dieses apart illustrierte Weinbuch gar nicht leisten. Das will es auch nicht leisten.

Neben den Weinporträts werden auch die Lieblingslokale der Wein-Protagonisten vorgestellt: „Patscheiderhof“, Ritten – „Alte Post“, Tramin – „Zum Löwen“, Tisens – „Zur Rose“, Eppan – „1524“ im Rungghof, Eppan/Girlan – „Vögele“, Bozen – „miil“, Tscherms – „Taberna Romani“, Tramin ….. und wie sie alle heißen: 40 Betriebe, von der kleinen Hütte bis zum Michelin-Stern-Kapazunder.

Sehr gut. Sehr schön und einfühlsam, wie der Bayer Geisel den – pardon – „Saupreiß!“ Martin Aurich beschreibt: „In den hoch gelegenen Steillagen unterhalb des Schlosses Juval, die Martin Aurich seit nunmehr fast drei Jahrzehnten bewirtschaftet, herrscht ein einmaliges inneralpines Kleinklima mit trockenen Tagen, kühlen Nächten und steter Luftbewegung. Eine Frage nach der Weinstilistik stellt sich hier oben auf dem Juvaler Hügel eigentlich nicht, gleichwohl betont Martin Aurich: „Wir haben den Stil entwickelt, der für Frische und Fruchtigkeit steht“, wobei das „wir“ sicherlich hier für den Mann und (!) den Berg steht – offensichtlich hat der Prophet seinen Berg gefunden."

Otto Geisel (Text) / Joachim Schmeisser
(Fotografie): „Wein & Genuss in Südtirol.
40 herausragende Spitzenwinzer und ihre
kulinarischen Lieblingsorte“. ZS Verlag 2020,
233 Seiten. 33 Euro.

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