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Leitartikel
Arno Allmächtig
Aus ff 25 vom Donnerstag, den 22. Juni 2017
Immer mehr Belange im Land werden zur Chefsache, Landeshauptmann Arno Kompatscher ist wie eine letzte Instanz. Warum eigentlich, wo er doch immer das Gegenteil wollte?
Der arbeitende Mensch braucht Urlaub. Das gilt selbst für Politiker. Auch wenn diese nach Meinung der im Gasthaus oder bei Facebook versammelten Trolle nicht wirklich zur Gruppe der hart arbeitenden Menschen gehören. Aber auch Spitzenpolitiker haben Anrecht auf Urlaub. Und so weilt Landeshauptmann Arno Kompatscher – so wusste das Tagblatt der Südtiroler zu berichten – mit seiner Familie zurzeit am Wörthersee.
So demonstrativ, wie der Landeshauptmann in jüngster Zeit im Dienst war, verwundert es, dass er sich überhaupt ein bisschen Sommerfrische gönnt. Der mächtigste Mann Südtirols ist auf allen Kanälen. Immer mehr Belange werden zur Chefsache – er ist wie eine letzte Instanz.
Den Streit mit den Hausärzten zum Beispiel hatte Kompatscher zur Chefsache erklärt, indem er sich als Vermittler in die nervenaufreibenden Verhandlungen einklinkte. Ähnlich bei der Reform der Landesverwaltung – als interne Konflikte immer mehr an die Öffentlichkeit drangen, übernahm der Landeshauptmann das Kommando. Und den Ausbau des Glasfasernetzes hatte er schon zu Beginn der Legislatur selbst übernommen (davor lag die Kompetenz beim Kulturressort). Schließlich sollten alle Südtiroler möglichst schnell ein ebenso schnelles Internet erhalten.
Selbst bei der Ausarbeitung des neuen Raumordnungsgesetzes würde sich mancher wünschen, es würde zur Chefsache erklärt werden. Ja, sogar bei der Feier „25 Jahre Streitbeilegung“ jüngst in Meran ging nichts ohne Zeremonienmeister Kompatscher. Es erübrigt sich zu sagen, dass der Landeshauptmann auch beim Treffen mit André Heller in Brixen mit dabei war. Immerhin sei der Hofburggarten ein Projekt von Landesinteresse.
Dieses „Zur Chefsache erklären“ ist auch in anderen Bereichen sehr beliebt, es lebt darin ein Rest Patriarchentum aus früheren Zeiten. Das muss nicht partout etwas Schlechtes sein. Damit beweist der Chef seinen Anspruch auf Führung, und das Bedürfnis nach Führung ist unter den Südtirolern bekanntlich ziemlich stark ausgeprägt. Gut möglich, dass es an Land und Leuten liegt, dass ein Landeshauptmann, ob er will oder nicht, nach einer 25-jährigen-Luis-Ära selbst irgendwann allmächtige Züge annimmt.
Es gibt ein Gedicht von Theodor Fontane über die Chefsache, es heißt „Der Jockel“: „Der Herr, der schickt den Jockel aus/Er soll den Hafer schneiden/Der Jockel schneidt den Hafer nicht/Und kommt auch nicht nach Haus.“ Auch alle weiteren Abgesandten versagen – der Pudel, das Feuer, der Ochse, der Henker, am Ende gar der Teufel. Der deutsche Schriftsteller aber kannte die Lösung: „Da geht der Herr nun selbst hinaus/Und macht gar bald ein End daraus.“
Das Erklären zur Chefsache ist nicht unproblematisch und oft deprimierend. Es signalisiert, dass der Chef selbst am Vorgang unschuldig ist, sich aber trotzdem darum kümmert. Und es suggeriert eine Überlegenheit des Chefs, die an den Film „Bruce Allmächtig“ erinnert, wo Schauspieler Jim Carrey zum „Aushilfsgott“ wird.
Vielleicht verharren deshalb die politischen Mitspieler wie gelähmt in ihrem Status quo, sobald der Landeshauptmann einmal nicht im Amte weilt. Die Pressekonferenz zu den Beschlüssen der Landesregierung fand diese Woche schon eine Stunde früher statt, es wird wohl der einzige nennenswerte Auftritt von Vizelandeshauptmann und Koalitionspartner Christian Tommasini sein. Auch sonst ist es verdächtig ruhig auf der Regierungsbank, kein überlautes Wort etwa zum aktuellen Aufreger Autonomiekonvent. Einzig Martha Stocker jongliert mal wieder mit zig Bällen zugleich in der Luft – Impfpflicht, Flüchtlinge, Arbeitsmarkt.
Na ja, jedenfalls müssen die SVP-Abgeordneten mit ihrem Urlaub noch ein bisschen zuwarten. Um bei der Juli-Sitzung, also der letzten Sitzungswoche vor der großen Sommerpause, bei den Abstimmungen keine blöde Figur zu machen, gibt es eine Art Urlaubssperre. Da braucht es dann alle. Da funktioniert das mit der Chefsache dann doch nicht – vorerst zumindest.
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