Leitartikel

Die Kuscher von der Lega

Aus ff 49 vom Donnerstag, den 05. Dezember 2019

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Die Lega lässt die SVP in allem gewähren. Dabei hätte das Land einen selbstbewussten italienischen Regierungspartner dringend nötig.

Die drei, die von der Lega übrig geblieben sind, sind die richtigen Bündnispartner für die Südtiroler Volkspartei. Die SVP wird einen Teufel tun, die Regierungskoalition im Land infrage zu stellen, auch nach dem Austritt von Carlo Vettori aus der Partei nicht. Denn Giuliano Vettorato, Massimo Bessone und Rita Mattei stören nicht. Sie pflegen das Gärtlein, das sie sich vor gut einem Jahr bei den Koalitionsverhandlungen mit der großen Partei ausgehandelt haben. Der Rest geht sie nichts an. Es ist, als wären sie politisch plötzlich geschlechtslos geworden.

Mehr haben sie nicht getan, tun sie nicht, werden sie nicht tun, als sich um ihr Revier zu kümmern. Sie sind weder durch besondere politische Ideen oder intellektuelle Leistungen aufgefallen. Wer Bessone, Vettorato oder Mattei beim Reden zuhört, merkt schnell, dass sie Unsicherheit und Unwissen durch Phrasen überdecken.

So ist es schon lange mit den Italienern in der Landesregierung. Auch als die SVP nicht mit der Rechten, sondern mit der Linken, mit dem Partito Democratico, regierte, blieben sie handzahm. Die Italiener im Land geben sich zufrieden, wenn sie erst einmal einen Posten haben. Daran wird sich nichts ändern, sollten auch Vettorato, Bessone und Mattei ihrer Partei den Rücken kehren. Für die SVP wäre das immer noch sehr bequem.

Das „Trio Infernale“ von der Lega hat ein Interesse daran, sich wohl zu verhalten. Sie haben etwas zu verlieren. Sie sind zu etwas gekommen, indem sie in die Landesregierung eingezogen sind. Das ist weit mehr, als sie hatten. Und wie man Demütigungen erträgt, haben ihnen ihre „Vorgesetzten“ in Rom und Mailand beigebracht. Es ist wie beim Militär, oben der „Capitano“, der seine „Caporali istruttori“ ausschickt, der die Rekruten stundenlang marschieren oder durch den Dreck robben lässt.

Deshalb darf man sich nicht wundern, wenn die Lega in Südtirol ihrem Partner nicht zu nahe tritt. Mit ihr lässt sich vieles durchwinken. Man hat es jetzt wieder beobachten können bei der Abänderung des Gesetzes zur Raumordnung im Landtag. Die Lega stimmte brav mit, als es darum ging, das Gesetz aufzuweichen, noch bevor es in Kraft tritt. So wünschten es die Lobbys im Land. Mit den Grünen als Partner in der Regierung hätte sich die SVP in dieser Frage – und in anderen Fragen – weit schwerer getan. Auch wenn man in Nordtirol gut beobachten kann, wie elastisch Grüne sein können, wenn sie regieren, und wie weit sie den Schwarzen entgegenkommen.

Es ist nicht gut für das Land, wenn der Regierungspartner so anschmiegsam ist, nicht weiter auffällig werden will. Nicht durch rassistische Sprüche, Fremdenfeindlichkeit oder Ausfälle gegen die deutschsprachigen Nachbarn oder dergleichen, sondern durch Eigenständigkeit, Ideen, hartnäckige Diskussion. Ideen, die nicht nur den eigenen Garten, das abgesteckte Revier, betreffen, sondern die ganze Gesellschaft. Ein Regierungspartner, der etwas auf sich hält, muss in allen Fragen mitreden können. Und wollen.

So hat die große Partei kein Korrektiv. Es ist ein Schaden in der Gesellschaft, wenn es in einer Koalitionsregierung keine Dialektik gibt, wenn der eine nur abnickt, was der andere vorschlägt. Vor allem die große Regierungspartei hat kein Korrektiv. Das ist die Crux dieser Koalition, geschuldet dem Autonomiestatut, das in allen Bereichen nur ein Nebeneinander zulässt und nicht ein Miteinander fördert.

Es wäre ein großer Fortschritt für das Land – und so notwendig, hätte die SVP einen selbstbewussten, mutigen italienischen Regierungspartner, der alte Muster überwindet.

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