ff 49/20 über die Methoden der Caritas im Umgang mit ihren Mitarbeitern
Leitartikel
Erklären Sie sich!
Aus ff 05 vom Donnerstag, den 04. Februar 2021
Die Landesregierung lässt die Pandemie laufen, sie duckt sich einfach weg. Und bietet zu einfache Erklärungen. Gerne würde man verstehen, auf welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen ihre Entscheidungen gründen.
Mittwoch: 548. Donnerstag: 562. Freitag: 590. Samstag: 640. Sonntag: 476. Montag: 316. Dienstag: 639.
Das ist die Zahl der Menschen, die in einer Woche positiv auf Covid-19 getestet wurden. Die Inzidenz: 700 Fälle von Covid-19 auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen.
Südtirol liegt damit in Italien und in Europa an der Spitze. Wir sind die Besten von hinten. Die Landesregierung sagt: Wir haben die Lage im Griff. Sie sperrt auf und zu. In dieser Woche hat sie wieder ein bisschen zugesperrt: Bars und Restaurants bleiben zwei Wochen lang geschlossen. Der Rest bleibt offen. Wir sehen keinen Anlass für weitere Maßnahmen, sagen Politik und Gesundheitsbetrieb.
Worauf gründet ihre optimistische Annahme? Auf der Hoffnung, dass die Impfstoff-Hersteller Pfizer/Biontech, Moderna und Astra Zeneca schnell und viel liefern? Aber wenn sie so langsam und wenig liefern wie bisher, ist am Jahresende nur ein kleiner Teil der Bevölkerung geimpft. Abgesehen davon, dass die verschiedenen Impfstoffe unterschiedlich schützen, sie alle nicht für Jugendliche und Kinder unter 16 eingesetzt werden dürfen und dass man nicht genau weiß, ob der „Stoff der Hoffnung“ (Titelgeschichte
ff 1/21) von Astra Zeneca auch für Menschen über 55 taugt (von diesem Stoff hat die EU am meisten bestellt, weil er billiger und unkomplizierter in der Handhabung ist, siehe Geschichte in diesem Heft ab Seite 34).
Die Landesregierung lässt die Dinge laufen. Ihre Müdigkeit, Ratlosigkeit und Zerstrittenheit im Umgang mit der Pandemie ist offensichtlich (in der Pressemitteilung zur letzten Verordnung musste extra betont werden, dass der Beschluss „einhellig“ war). Landeshauptmann Arno Kompatscher scheint nur mehr die Kraft zu haben, Verordnungen zu unterschreiben. Es ist das Prinzip Hoffnung, das die Landesregierung leitet. Hoffen, dass die Zahl der Patienten auf den Normal- und Intensivstationen nicht steigt, dass die Virus-Mutanten aus aller Welt (Großbritannien, Südafrika, Brasilien) nicht in Südtirol wüten. Komisch und tragisch zugleich ist es da, wenn Marc Kaufmann, der Covid-Einsatzleiter des Landes, im Interview mit Rai Südtirol erklärt, die Covid-Mutante sei wahrscheinlich schon im Land, aber Genaueres wisse man nicht.
Die Landesregierung duckt sich, schaut weg, erhebt stattdessen die Stimme gegen die in Rom oder gegen die EU-Kommission in Brüssel, die Südtirol coviddunkelrot einfärbt. Haben alle keine Ahnung, behauptet sie. Gerne rot sind wir freilich, wenn Geld aus Rom oder Brüssel fließt.
Gesundheitslandesrat Thomas Widmann redet sich darauf hinaus, dass die Lage in den Intensivstationen und auf den Covid-Stationen im Land unter Kontrolle ist. Doch hohe Covid-Zahlen produzieren noch höhere Covid-Zahlen. Kann man sich darauf hinausreden, dass wir mehr testen? Die Zahlen, die die Tests ergeben, sind ja real, sie zeigen, dass Südtirol Risikozone, die Pandemie weit verbreitet ist.
Aufgrund welcher wissenschaftlichen Erkenntnisse trifft die Landesregierung eigentlich ihre Entscheidungen? Welche Studien haben Hoteliers und Händler bei der Hand, wenn sie sagen, dass ihre Branchen sicher sind? Was für Rolle spielt die Kommission, die die Landesregierung berät? Tagt sie überhaupt?
Wir wissen es nicht. Es gibt keine Transparenz über die Entscheidungswege und Entscheidungsgrundlagen der Landesregierung und des Gesundheitsbetriebs. Herr Kompatscher, Herr Widmann Herr Zerzer, erklären Sie sich!
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