Leitartikel

Irrungen und Wirrungen

Aus ff 01 vom Mittwoch, den 05. Januar 2022

Leitartikel 01-22
Leitartikel 01-22 © FF Media
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Die SVP-Abgeordnete Jasmin Ladurner ist zurückgetreten. Gut so. Doch die SVP muss jetzt noch eine viel größere Affäre aufarbeiten.

Aussitzen. Das ist so gut wie Gesetz in der Südtiroler Politik. Arnold Schuler und Paul Köllensperger in der 600-Euro-Bonus-Affäre? Peter Faistnauer mit seinem Immobilienprojekt? Daniel Alfreider und die Ermittlungen in der „Hüttenaffäre“? Die Rolle diverser SVP-­Protagonisten in der Sad-Affäre? Es gibt immer einen Aufschrei, es gibt Diskussionen, schnell aber kehrt wieder Stille ein. Skandale ziehen vorüber wie ein Gewitter, Politiker bleiben. Sie machen weiter, als sei nichts geschehen.

Jasmin Ladurner hat mit dieser schlechten Gewohnheit gebrochen. Die jüngste Landtags-
abgeordnete (SVP) erklärte am Silvestertag ihren Rücktritt. Sie hatte mehrere Fahrten zum Regionalrat nach Trient verrechnet, ohne selbst gefahren zu sein. Kollegen hatten sie im Auto mitgenommen. Nachdem die Neue Südtiroler Tageszeitung das Mittwoch vergangener Woche aufgedeckt hatte, geriet Ladurner unter gewaltigen Druck. Er kam aus den Medien, der Opposition, vor allem aus der eigenen Partei.

Die SVP will aus gutem Grund keine weiteren Skandale – gerade jetzt wäre der Schaden maximal.

Die Partei wird nämlich in diesen Tagen von der Sad-Affäre arg gebeutelt. Es geht dabei vor allem auch um den Zustand der Partei selbst. Die Sad-Affäre offenbart, wie zerrissen die Partei ist. Der Appell von Landeshauptmann Arno Kompatscher bei seiner Jahresabschluss-Pressekonferenz (nur zwei Tage übrigens vor der Enthüllung der Spesen-Affäre) war entsprechend eindringlich: „Es braucht eine vollständige, saubere Aufarbeitung all dessen, was jetzt im Raum steht. Das sind wir den Menschen und auch uns selbst schuldig.“ Erst danach werde er entscheiden, ob er 2023 noch einmal als Landeshauptmann kandidieren werde.

Kompatscher – und mit ihm die gesamte SVP –
weiß, wie sehr die Politik Vertrauen verloren hat. Als er vor acht Jahren das Amt des Landeshauptmanns übernahm, da platzte der Politrenten-Skandal. Nicht nur die SVP, alle Volksvertreter kamen schwer ins Schlingern. Die Nachbeben jener Affäre sind bis heute zu spüren.

Jasmin Ladurners schneller Rücktritt ist für die SVP daher eine Erleichterung. Die junge Frau hat es anders gemacht als viele Männer. Sie hat Fehler gemacht, sie hat daraus die Konsequenzen gezogen. Das muss man anerkennen.

Doch für die SVP sind die Schwierigkeiten damit lange nicht vorbei. Jetzt ist die Bühne frei für die sehr viel gewichtigeren Probleme der Partei und die in ihre Affären verwickelten Männer. Die SVP muss sich dringend an die Aufarbeitung der Sad-Affäre machen. Kompatscher hat das richtig erkannt. In der Sad-Affäre steckt erheblicher Sprengstoff. Mit ein paar wohlklingenden Floskeln ist es nicht mehr getan.

Wenn diese Affäre wirklich aufgearbeitet wird, könnte sich Jasmin Ladurners Fehler vergleichsweise als Petitesse herausstellen. Könnte. Denn der Ausgang der Sad-Affäre ist noch ungewiss.

Eines ist jedenfalls sicher. Die SVP kann sich nicht mehr wegducken. Sie muss ihren internen Streit bis in die letzte Konsequenz austragen. Nur so kann sie das Vertrauen der Menschen im Lande zurückgewinnen.

Leserkommentare

2 Kommentare
Gurgiser
06. Januar 2022, 11:56

Es gibt ein sehr ernstes Problem wie immer im Leben und der Gesellschaft: Vertrauen zu gewinnen ist schwer, es zu verlieren leicht. Wie beim Geld: Ausgeben ist leicht, verdienen viel schwieriger. Was aber einmal leichtfertig vergeben wurde - ob Verauen oder Geld - ist nur noch schwieriger zurück zu gewinnen. Fritz Gurgiser antworten

matmat
08. Januar 2022, 10:05

Sorry, aber Tauber ist hier gemeint... Köllensperger hat mit der SVP nichts am Hut antworten

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