Leitartikel

Egal, wen es trifft

Aus ff 13 vom Donnerstag, den 31. März 2022

Leitartikel 13-22
© FF Media
 

Über SVP und Sad schreiben, über Spenden an die SVP nicht? Nein. Beides sind Vorgänge, die für die Öffentlichkeit relevant sind

Es war vor über einem Monat, dass ff eine brisante Aufstellung bekommen hat. Es war eine lose Auflistung von Personen und Unternehmen, die im Wahlkampf für die Landtagswahlen 2018 an die Südtiroler Volkspartei gespendet haben. Es hat einige Zeit gebraucht, bis wir die Namen und Unternehmen geprüft hatten. Bis die Geschichte fertig war. Wir hatten keinen Termin für die Veröffentlichung im Kopf.

Eine wichtige Rolle spielen bei den Spenden an die SVP unter anderem Viz­eobmann Karl Zeller und der Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager, beide waren Spendensammler, beide sollen auch der Spendensammler-Gruppe angehört haben, die sich immer wieder mal traf. Hager und Zeller haben gewichtige politische beziehungsweise ökonomische Interessen in diesem Land.

Spenden sind in einer Demokratie eine heikle Angelegenheit. Was verfolgen die Spender für Interessen? Das ist eine durchaus legitime Frage.

Als die Geschichte zu den Spenden fertig recherchiert war, haben wir sie veröffentlicht. Nicht um jemandem zu schaden oder andere Vorgänge zu verdunkeln, oder gar um uns gegen jemand zu verschwören, sondern um zu informieren, was in der SVP vor sich geht und welche Interessen in ihr wirken und auf sie einwirken.

Nach dem Prinzip: Schreiben, was wir wissen. Egal, wen es trifft.

Ähnlich war es bei dem Material, das wir im Herbst 2021 bekamen. Ein Konvolut von Akten, 6.000 Seiten, die brisantes Material enthielten. Wir haben einige Zeit gebraucht, um sie zu durchforsten und zu analysieren. Dann war uns klar: Aus diesen Akten ergibt sich ein erschreckendes Sittenbild der Südtiroler Politik.

Es ließ sich anhand der Akten nachzeichnen, wie eine kleine Clique von Männern versucht hat, die Bildung der Landesregierung nach den Landtagswahlen 2018 zu lenken – im Sinne von Sad-Boss Ingemar Gatterer, und um Landeshauptmann Arno Kompatscher zu schwächen. Neben Gatterer spielten darin Altlandeshauptmann Luis Durnwalder eine Rolle, der versucht, Thomas Widmann als Landesrat für Mobilität durchzusetzen, oder Thomas Widmann selbst, der sich abfällig über Arno Kompatscher äußert. Kompatscher hat ihm deswegen jetzt die Zuständigkeit für die Sanität entzogen – dreieinhalb Jahre später. Das Buch „Freunde im Edelweiß“ von Arthur Oberhofer und ­Christoph Franceschini zeichnet die Vorgänge von damals noch schärfer nach, das Sittenbild tritt in den Audiodateien noch markanter hervor.

Die Abhörprotokolle und die Spenden sind politische Vorgänge und relevant für die Öffentlichkeit. Absurd ist: Manche meinen, wir hätten die Sad-Protokolle nicht veröffentlichen dürfen, die anderen, wir hätten uns mit der Spendengeschichte vor den Karren von wem auch immer spannen lassen.

Über das eine reden, über andere schweigen? Nein!

Der Politikwissenschaftler Günther Pallaver sagt im Interview mit ff: „Ich sehe die SVP-Sad-Affäre und die Spendengeschichten im Zusammenhang.“ Das eine wie das andere sei Ausdruck der strukturellen Krise der Südtiroler Volkspartei.

Schreiben, was man in Erfahrung gebracht hat. Das ist das Prinzip des Buches von Franceschini und Oberhofer. Diesem Prinzip sind auch wir gefolgt, als wir die Abhörprotokolle und die Spendengeschichte veröffentlicht haben.

Unabhängig davon eben, wen es trifft. Und wem es gerade nicht passt.

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