Leitartikel

Die Razzia, die wenig löst

Aus ff 22 vom Mittwoch, den 01. Juni 2022

Kriminalität

Das Eurotel, ganz in der Nähe der schicken Therme von Meran, war kürzlich Ziel einer Razzia der Behörden. Im Eurotel leben die Menschen dicht gedrängt wie in Bienenwaben. Es ist ein sozialer Brennpunkt.

Die Razzia war die Antwort auf die Furcht in der Stadt. Der Boden dieser Furcht ist eine Kleinkriminalität, die von den Medien so hochgeredet wird, als sei Meran eine von schwerer Kriminalität geplagte Großstadt.

Solche Razzien machen Eindruck, Probleme lösen sie kaum. Aber sie stellen Menschen an den Pranger: Schaut her, hier sitzen die, die unsere Stadt unsicher machen, die unser Leben bedrohen. Weitere Aktionen sind angekündigt. Was ist das nächste Ziel? Es sind, das fällt auf, meistens Orte, an denen viele Migranten leben oder sich aufhalten.

Im Eurotel eine Razzia durchzuführen, ist eine leichte, allzu leichte, Antwort auf die Kriminalität in der Stadt und den Ruf der Menschen nach Sicherheit. So lässt sich schnell Handlungsvermögen demonstrieren. In Bozen demonstriert die Stadt immer, wie sie auf Sicherheit achtet, indem sie den Bahnhofspark umstellt oder Obdachlose von ihren provisorischen Schlafstellen am Eisack vertreibt. Dann lassen Polizei oder Carabinieri gelegentlich auch den Hubschrauber über dem Bahnhofspark knattern.

Es ist einfach, Aktionen gegen diejenigen zu setzen, die schon an den Rand gedrängt sind.

Kriminalität muss natürlich bekämpft werden. Mit kühlem Kopf, mithilfe der Polizei, der Jugendzentren, von Psychologen und Sozialämtern. Razzien verpuffen. Und ändern wenig.

Ändern ließe sich freilich etwas mit Sozialarbeit, Bildung und Arbeit. Mit Angeboten, die Menschen von der Straße oder aus dem Eck zu holen. Das wäre wahre Sicherheitspolitik: den Leuten eine Perspektive zu geben, anstatt mit dem Finger auf sie zu zeigen.

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