Leitartikel

Ausverkauf der besten Lagen

Aus ff 05 vom Donnerstag, den 02. Februar 2023

Wohnen wird immer teurer und attraktiver für Bestverdienende aus dem Ausland. Die Politik muss endlich handeln, damit leistbares Wohnen keine Worthülse bleibt.

Südtirols Wohnimmobilien-Markt wird immer knapper und immer teurer. Die Kaufpreise für Wohnungen steigen und steigen. 1,3 Millionen Euro für eine neue Vierzimmerwohnung in Brixen. 610.000 Euro für eine Dreizimmerwohnung in Bozen.

Wer kann sich diesen Wahnsinn noch leisten?

Normalverdienene kaum noch. Immer mehr Südtiroler -müssen sich den Traum vom Eigenheim abschminken. Auch weil sich Banken – angesichts solch astronomischer Summen und vor dem Hintergrund steigender Zinsen – bei der Kreditvergabe zurückhalten.

Käufer gibt es dennoch zur Genüge. Es sind Bestverdiener aus dem Ausland. Keine schwindligen Investoren, sondern gutstehende Architekten, Wirtschaftsberaterinnen oder Rechtsanwälte aus München oder Zürich. Menschen, die sich nach dem Süden, nach schönem Wetter und gutem Essen sehnen. Für die 1,3 Millionen Euro für ein Wochenenddomizil in schönster Brixner Lage bezahlbar sind. Kostet doch eine ähnlich hochwertige Immobilie in München locker über 2 Millionen Euro.

Die Politik ist sich des Problems bewusst. Erst jüngst zitierte der Landeshauptmann bei einer Diskussionsrunde das deutsche Handelsblatt. Vor einem Jahr hatte das Blatt Südtirol als besten Geheimtipp für eine Immobilieninvestition angeführt. Das ist „ganz und gar nicht gut für uns“, zeigte sich Arno Kompatscher besorgt.

Was aber dagegen tun, gegen diesen Ausverkauf der besten Lagen? Natürlich kann man erstmal die bösen Bauträger anklagen, dass sie nur noch üppige und großzügige Luxuswohnungen für Wohlhabende planen, anstatt drei bis vier solide Wohnungen für den heimischen Mittelstand. Ihre Bauvorhaben in den schönsten Gegenden des Landes mögen moralisch bedenklich sein, illegal aber sind sie nicht.

Baulöwen nutzen nur ihre Chance. Gefordert ist die Politik. Sie muss in Sachen Raumordnung klare Leitplanken setzen. Ohne Schlupflöcher, ohne Raum für Interpretationen.

Die Idee einer solchen Leitplanke kommt von Heiner Oberrauch. Der Präsident des Unternehmerverbandes forderte jüngst: Private Bauträger sollen dazu verpflichtet werden, einen Teil eines Neubauprojekts zu vermieten, zumindest für fünfzehn bis zwanzig Jahre. Warum er das sagt? Weil Südtirols Wirtschaft dringend Fachkräfte von außen braucht. Sie zu bekommen ist schwer, weil sie keine Unterkunft finden. Denn selbst der Mietmarkt ist leer gefegt. Den Beweis liefert die Samstag-Ausgabe des Dolomiten-Stellenmarkts: Landesweit finden sich dort nur vier Wohnungen zur Miete. Die Frage „Mieten oder Kaufen“ stellt sich damit für viele längst nicht mehr. Kaufen wird unerschwinglich, Mieten unmöglich.

Oberrauchs Vorschlag ist nicht die alleinige Lösung. Aber zumindest ein Zeichen, wie man den Ausverkauf der Bestlagen stoppen könnte.

Liebe Parteien, die ihr jetzt an euren Wahlprogrammen tüftelt, werdet konkret und bringt konkrete Forderungen ein. Ideen, die das Zeug haben, wirklich etwas zu verändern. Und sorgt endlich dafür, dass dieses Unwort „leistbares Wohnen“ nicht länger eine Worthülse bleibt.

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