Leitartikel

Reden ist zu wenig

Aus ff 08 vom Donnerstag, den 23. Februar 2023

Die Anzeichen für den Klimawandel werden immer sichtbarer – auch in Südtirol. Im Winter fällt kaum noch Schnee, dadurch wird das Wasser knapper. Trotzdem schaut die Politik nur zu.

Dieter Peterlin schrieb vor einigen Tagen auf Twitter: „Die Trockenheit geht weiter.“ Der Meteorologe des Landeswetterdienstes macht auf eine Entwicklung aufmerksam, die für Südtirol gefährlich werden kann. Denn wenn im Winter kaum noch Schnee fällt, wird das Wasser knapper. Und zwar das ganze Jahr über.

Der Schnee spielt für die Wasserversorgung des Landes eine große Rolle. Viel Wasser wird in Form von Schnee gespeichert – und fließt erst im Laufe des Frühjahrs und Sommers über Bäche und Flüsse langsam nach Süden ab. Liegt nur wenig Schnee, wird auch nur wenig Wasser gespeichert. Das bekommen wir alle zu spüren, Menschen, Tiere und Pflanzen.

Augenscheinlich wurde die prekäre Lage bereits im vergangenen Jahr entlang des Po. Kaum Schnee im Winter und viel zu warme Temperaturen im Frühjahr und Sommer ließen den größten Fluss Italiens zu einem Rinnsal zusammenschrumpfen. Das Wasser fürs Trinken und Bewässern wurde knapp.

Die Umweltschutzorganisation Legambiente schlägt nun wieder Alarm: In den Alpen sei heuer um die Hälfte weniger Schnee gefallen, schon wieder dürste der Po nach Wasser. Der Gardasee, Italiens größter Wasserspeicher, sei nur noch wenige Zentimeter von seinem historischen Tiefststand entfernt.

Legambiente fordert von der Regierung in Rom eine Strategie, um den Wasserbedarf Italiens zu sichern. Wasser solle gespart und gespeichert, Flächen müssten entsiegelt werden. Staatliche Anreize sollen dafür sorgen, dass mehr in diese Richtung getan wird.

Das sind längst überfällige Schritte, sie reichen aber nicht mehr aus. Klimafachleute warnen seit Jahrzehnten davor, ständig mehr Treibhausgase in die Atmosphäre zu blasen. Das heize die Erde auf, Trockenheit ist eine der Folgen davon.

Wobei der Trend bei den Niederschlägen in Südtirol nicht eindeutig sei. Auch das sagt Meteorologe Peterlin. Es gebe trockene und nasse Jahre. Wahrscheinlich aber würden die kommenden Jahre eher trocken, weil mit dem Ansteigen der Temperaturen mehr Wasser verdunste.

Dass die Temperaturen in Südtirol ansteigen, ist eindeutig. Die Aufzeichnungen seit 1850 zeigen es eindrucksvoll. Während bis etwa 1980 herauf wärmere und kältere Jahre einander abwechselten, geht es seither nur mehr in eine Richtung: nach oben.

Das 1,5-Grad-Ziel hat Südtirol bereits verfehlt. Die Erwärmung liegt bereits jetzt um fast 2 Grad über dem langjährigen Mittelwert. Dadurch werden extreme Wetterereignisse häufiger: Hagel, Stürme oder Hochwasser setzen uns dann vermehrt zu.

Und was tut die Politik? Sie schaut zu. Landeshauptmann Arno Kompatscher hat zwar bei den „Sustainability Days“ im September einen ambitionierten Klimaplan vorgestellt. Damit soll Südtirol bis 2040 klimaneutral sein. Doch wie wir das schaffen sollen, bleibt rätselhaft.

Der Teil des Klimaplans mit den spezifischen Maßnahmen soll im Juni dieses Jahres nachgereicht werden. Pünktlich vor der Landtagswahl. Ob es mehr als warme Worte sein werden? Das bleibt abzuwarten. Bislang tun der Landeshauptmann und seine Landesregierung oft das Gegenteil von dem, was der Klimaplan erfordern würde.

Sie lassen zum Beispiel Straßen und Tunnels errichten, wo es doch mehr öffentliche Mobilität bräuchte. Oder sie befördern den Abbau von Torf, wo der doch so wichtig für die Bindung des Treibhausgases CO2 ist. Das Ziel, keine Emissionen mehr in 17 Jahren, wird so klar verfehlt werden.

Je weniger Schnee fällt, desto klarer wird die Erkenntnis: Reden reicht nicht mehr aus. Die Politik muss endlich ins Tun kommen. Jetzt.

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