Leitartikel

Pfusch an Raum und Landschaft

Aus ff 15 vom Donnerstag, den 13. April 2023

Zitat Leitartikel
 

Vom Umgang mit der Natur hängt ab, wie wir in Zukunft leben. Das gehört gesetzlich klar und einfach geregelt.

Der Umgang mit der Natur ist wichtig für die Zukunft Südtirols. Sehr wichtig. Die Landschaft ist eines unserer wertvollsten Güter. Raum haben wir, eingesperrt zwischen den Bergen, wenig. Vom Umgang damit hängt ab, ob wir von Katastrophen verschont bleiben. Wie viel vom Boden, den die Natur uns zur Verfügung stellt, dürfen wir verbrauchen? Was dürfen wir und was nicht?

Das auszuhandeln, ist eine schwierige Aufgabe. Wer den Umgang mit Raum und Landschaft gesetzlich zu regeln versucht, prallt auf große Interessen, auf die Lobbys, die ihre Profite dahinschwinden sehen, wenn die Verbauung der Landschaft streng und klar geregelt ist. Das sind, wir wissen es: die Hoteliers, die Bauern, die Bau-unternehmer, die Immobilienmakler, die Bürgermeister. Die Gunst der Politik beim Volk hängt auch davon ab, wo wer seine Hütte bauen darf – da ist man ungern streng.

Die Landesregierung versucht, seit gefühlt hundert Jahren, die Materie in ein Gesetz zu zwängen. Die Diskussion darüber begann unter Landesrat Richard Theiner, der als Politiker schon längst in Rente gegangen ist. Die Mühsal setzte sich unter Landesrätin Maria Hochgruber-Kuenzer fort, deren Arbeit nahezu unsichtbar ist. Entweder ist sie schwach oder kann sich nicht durchsetzen oder erledigt ihre Arbeit geräuscharm hinter den Kulissen – Letzteres ist eher unwahrscheinlich.

Das Gesetz „Raum und Landschaft“ wurde 2018 vom Südtiroler Landtag verabschiedet und trat 2020 in Kraft. Viele Leute haben daran herumgedoktert, sie zogen in verschiedene Richtungen. Das Gesetz war schon bei seiner Verabschiedung ziemlich asthmatisch. Die Potenz des Gesetzes hängt davon ab, dass die Gemeinden sich ein Entwicklungsprogramm geben, also festlegen, wo was gebaut werden darf. Das ist bisher nur in zwei Gemeinden passiert, also was tun? Sich Freiheiten herausnehmen oder alles stilllegen? So oder so ist es ein unhaltbarer Zustand. Umweltverbände klagen, es sei jetzt noch leichter als vorher, im Grünen zu bauen, obwohl das Gesetz gerade das verhindern wollte.

Das Gesetz ist so kompliziert, dass sogar die Leute in den Landesämtern, die davon betroffen sind (betroffen ist hier das richtige Wort), nicht wissen, wie damit umgehen. Es gibt spezialisierten Anwältinnen und Anwälten viel und gut bezahlte Arbeit. Ihr Job ist es, die Lücken zu finden. Man hat ihnen die Arbeit augenscheinlich leicht gemacht, denn jetzt wird das Gesetz wieder überarbeitet, nach nicht einmal drei Jahren. Ein Drittel der Artikel soll neu aufgesetzt werden. Kann das gut gehen, ein halbes Jahr vor der Landtagswahl?

Es wird nicht gut gehen, wenn das Gesetz verwässert wird, Bausünden, wie geplant, leichter saniert werden können, Siedlungsgrenzen nicht genau gezogen werden müssen, Gemeinden ihr Entwicklungsprogramm in alle Ewigkeit hinausschieben können. Zurück in die Zukunft also, als vieles offen war.

Wenn ein Drittel der Artikel eines Gesetzes umformuliert werden muss nach so kurzer Zeit, ist es ein Pfusch.

Wenn es um Raum und Landschaft geht, muss das Gesetz klar und streng sein. Es kann nur ein Ziel haben: Landschaft schützen, Bodenverbrauch beschränken. Tun wir es nicht, schaden wir uns selber.

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