Von der Stadt Meran bis zum alten Dorfkern von Schenna mit Kirchhügel, Dorfplatz und dem alles beherrschenden Schloss Schenna zieht sich ein schöner ...
Leitartikel
Landwirtschaft für alle
Aus ff 05 vom Donnerstag, den 01. Februar 2024
Der Bauernbund bekommt einen neuen Obmann. Es wäre Zeit für einen neuen Kurs, der das Gemeinwohl über Eigeninteressen stellt.
D
ie Bauern sind die neue 68er-Generation, die Rebellen, die Straßen blockieren und Politiker anpöbeln. Krass, die volle Härte. Sie blasen mit ihren Schlitten, groß wie ein Haus, 250 PS stark, durch deutsche Innenstädte. Manche von ihnen wollen die Regierung stürzen. So ist es auch in Frankreich oder in Italien, die Blockierer sind Südtirol schon gefährlich nahe gekommen und in Trient aufgefahren. Die Bauern wollen zurück in die Zukunft. Keine Steuern auf den Diesel, den sie verbrennen, weniger Auflagen, vor allem für Natur- und Umweltschutz.
Sie verstehen es jedenfalls, vielen Menschen erfolgreich zu erzählen, dass sie schlecht behandelt werden.
Die Südtiroler Bauern fahren noch nicht vor dem Landhaus in Bozen auf oder blockieren den Verkehr in der Stadt. Aber auch die Südtiroler Bauern wollen eine Ausnahme (sein), beim Steuernzahlen, beim Bettenstopp (Urlaub auf dem Bauernhof), beim Einsatz von Chemie (den sogenannten Pflanzenschutzmitteln), beim Ressourcenverbrauch. Sie beanspruchen sogar das Recht für sich, den Landesrat für Landwirtschaft zu bestimmen. Luis Walcher, der Neue, einer von ihnen, hat ein sehr offenes Ohr für die Landwirte. Beim einen Ohr geht dann der Vorschlag hinein, beim anderen kommt er als Gesetz oder Privileg wieder heraus.
So denkt, in Erinnerung an alte Zeiten, die große Mehrheit der Bauersleute im Land, die Landwirtschaft ist laut und mächtig, auch wenn sie in der Bevölkerung nur mehr eine Minderheit darstellt. Die Minderheit unter den Bauern, die zum Beispiel ein naturnäheres Wirtschaften möchte, ist still und verzagt. Nicht, dass die Landwirtschaft nicht wichtig wäre, sie erzeugt vieles von dem, was wir essen. Aber, Achtung, Obst und Wein, die beste Einnahmequelle, sind keine Grundnahrungsmittel. Was wir essen, wird zum Großteil importiert.
Leo Tiefenthaler, der Bauer, der immer im Anzug aufläuft, hat den Bauernbund zu einer mächtigen Lobby-Organisation gemacht, zusammen mit Siegfried Rinner, dem eisernen Bauernbund-General. Tiefenthaler ist smart und hart zugleich. Jetzt tritt er ab. Es wäre Gelegenheit für einen moderateren Kurs. Bei dem die Landwirte auf Umweltschützer zugehen, Glyphosat aus ihrem Werkzeugkasten verbannen, ab einer gewissen Umsatzgrenze Steuern zahlen wie Arbeitnehmer, sagen, wir schließen uns zusammen, damit nicht jeder eine Mähmaschine braucht, schauen wir gemeinsam auf das Vieh, dann können wir auch in Urlaub fahren.
Ein neuer Kurs, in dem nicht zählt, wer die Macht hat, sondern was die beste Lösung für Gesellschaft und Umwelt ist. Es ist im Interesse aller, diese Welt zu erhalten. Die Gesellschaft hat eine Verantwortung für die Bauersleute. Und umgekehrt.
In der Titelgeschichte in diesem Heft erzählen wir von Frauen, die einen Hof übernommen haben. So oft ist nicht der Fall, was selbstverständlich sein müsste. Vielleicht werden mit den Bäuerinnen die Töne weniger hart und kompromisslos, der Umgang mit der Natur sanfter, der Machthunger kleiner. Und warum nicht einmal eine Obfrau im Männerbund Bauernbund?
Es würde allen nützen, würde die Landwirtschaft sich ändern, den Landwirtinnen und Landwirten am allermeisten. Denn die, die wollen, dass alles gleich bleibt, werden verschwinden. n
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