Leitartikel

Innovativ ist Beschränkung

Aus ff 13 vom Donnerstag, den 28. März 2024

 

Der Tourismus ist ein Motor für die Wirtschaft und den Wohlstand im Land. Aber wenn er weiter so zunimmt, wird er zur Plage.

Der Tourismus ist in Südtirol ein Motor der Wirtschaft und des Wohlstands. Er hat das Land unwiderruflich verändert. Seit die ersten Gäste kamen, sind wir andere geworden. Südtirol ist auf die Welt getroffen. Der Tourismus hat das Land gezeichnet, die Menschen und die Gesellschaft.

Niemand kann wollen, dass die Gäste ausbleiben. Wer dem Tourismus einen Einbruch wünscht, wünscht vielen Menschen, dass sie arm werden.

Aber heißt das, dass es kein Halten gibt, dass es immer mehr Menschen sein müssen, die ins Land strömen? Die meisten davon mit dem Auto, die meisten in Orte, in denen dann die Einheimischen in der Minderheit sind, die Preise immer weiter steigen und aus denen die Menschen abwandern, weil sie sich die Wohnungen nicht leisten können.

Nein, das heißt es nicht. Der Tourismus braucht Begrenzung. Dafür braucht es klare Gesetze und Regeln. Appelle reichen nicht. Den Versprechungen der Hoteliers zur Selbstbeschränkung ist sowieso nicht zu glauben. Bei der großen Mehrzahl von ihnen gehört es zur DNA, wachsen zu wollen. Ein bisschen mehr darf es immer sein. Nicht ausgebucht zu Ostern, das ist die Klage, die man jetzt vernimmt.

Der Tourismus in Südtirol hat mit 36,1 Millionen Übernachtungen im Jahr 2023 alle Rekorde gebrochen. Sechs Millionen Übernachtungen mehr als vor der Pandemie. Mehr als acht Millionen Ankünfte – bei 530.000 Einwohnern, 16 Touristen pro Einwohner. Hoteliers und Gastwirte werden jetzt sagen, die Gäste verteilen sich besser über das Jahr. Das ist die Strategie der IDM. Wenn sie aufgeht, heißt das, dass wir das ganze Jahr den gleichen Trubel hätten. Keine Ruhe, nirgends. Geht das so weiter, wird der Tourismus eine Plage. Und nur mehr widerwillig akzeptiert, wenn überhaupt.

Die Landesregierung hat sich in der letzten Legislaturperiode ein bisschen bemüht, den Tourismus einzudämmen. Darüber gab es großen Streit, etwa um den Bettenstopp. Als er beschlossen war, stieg die Zahl der Betten zuerst einmal schlagartig. Und immer noch werden Hotels gebaut, Pisten und Lifte genehmigt, für die es, damit sie im Winter funktionieren, wiederum Beschneiungsanlagen braucht – und Speicherbecken.

Noch ist die neue Landesregierung nicht lange im Amt. Luis Walcher, Landesrat für Tourismus, hat noch nicht verlauten lassen, was er vorhat. Mit klaren Schnitten ist nicht zu rechnen.

Nicht getan ist es mit halben Entscheidungen und faulen Kompromissen. Das hilft niemandem, am allerwenigsten den Leuten, die vom Tourismus überrollt werden. Und auch den Hoteliers und Gastwirten nicht, wenn das Maß überschritten ist und den Gästen ein grantiges Südtirol entgegenkommt.

Es braucht also Beschränkungen und klare Entscheidungen: gesperrte Pässe, Zugangsbeschränkungen, wenn ein Ort voll ist, keine neuen Hotels, keine neuen Betten, Lifte oder Pisten (bei manchen Skigebieten kann man freilich nicht mehr viel verhunzen).

Damit eben der Tourismus ein Motor für Wirtschaft und Wohlstand bleibt. Das bleibt er auch, wenn er nicht mehr wächst. Das würde uns allen zugutekommen.

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