Leitartikel

Europa, das sind wir

Aus ff 19 vom Donnerstag, den 09. Mai 2024

 

Am 9. Juni wählen die Europäer ein neues Parlament. Es ist eine äußerst bedeutende Wahl. Höchste Zeit, das zu begreifen.

Wahrscheinlich wissen viele Bürgerinnen und Bürger gar nicht, dass in einem Monat das neue Europaparlament gewählt wird – oder es interessiert sie nicht sonderlich, weil sie die Bedeutung des Europarlaments, mithin der EU, nicht wirklich einschätzen können. Das ist schade. Denn Europa ist wichtig. Und die Europawahl ist wichtig.

In der EU werden Entscheidungen getroffen, die uns alle betreffen. Es gibt häufig viel Kritik an dem angeblichen Regulierungswahn Brüsseler Bürokraten, manchmal ist sie auch berechtigt. Aber sehr viele Brüsseler Entscheidungen haben unser aller Leben vereinfacht. Beispiel Roaming-Verordnung: Wer im EU-Ausland Urlaub macht, kann sein Smartphone zu denselben Tarifen nutzen wie zu Hause.

Das Europäische Parlament ist 72 Jahre alt. Es ist die weltweit einzige internationale Versammlung, die direkt gewählt wird. Es ist ein Friedensprojekt und alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Auch deshalb sehen Länder wie die Ukraine, die Republik Moldau oder Georgien ihre Zukunft in der EU. Sie wollen dieser beitreten, so schnell wie möglich.

Die europäischen Staaten sind allesamt zu klein, um in der Welt mit einer Stimme von Gewicht sprechen zu können. Für die EU gilt das nicht. Sie wird allein schon wegen ihre Größe, wegen ihres Binnenmarktes, wegen gesammelter Kraft auf der internationalen Bühne ernst genommen. Die 27 Mitgliedsländer und ihre Abgeordneten im Europaparlament können sich nur für die wichtigen Zukunftsthemen wirkungsvoll einsetzen, wenn sie es gemeinsam tun. Das gilt für den Klimawandel, für Friedensverhandlungen, für die Migration und viele andere große Themen.

Bei der EU-Wahl in einem Monat geht es aber auch um Südtirol und die eigene Region. Etwa in Sachen EU-Haushalt. Da wird über die künftigen Förderungen der regionalen Entwicklung und des ländlichen Raums entschieden.

Leider ist die EU-Demokratie oft nur schwer zu begreifen. Begeisterung weckt sie kaum. Um so mehr sollten sich die Pro-Europa-Parteien in diesem Wahlkampf mit klaren und greifbaren Vorstellungen von einem geeinten Europa präsentieren.

Europa muss konkreter werden, es geht um Fragen wie: Wollen wir Schengen behalten, die offenen Grenzen? Wollen wir den Euro behalten? Wollen wir uns ein Leben in Freiheit erhalten? Wie wollen wir als Menschen miteinander leben?

Die Demokratie lebt nur durch die Teilnahme der Bevölkerung. In vielen anderen Ländern der Erde ist es ihr verwehrt, an freien und fairen Wahlen teilzunehmen.

Wir haben dieses Recht noch. Nutzen wir es. Europa braucht Bürger, die sich einmischen. Europa, das sind wir. In einer Zeit, wo es Krieg in der Ukraine gibt und sich die Amerikaner möglicherweise anschicken, Donald Trump erneut zu ihrem Präsidenten zu wählen, gilt für die Europäer eines: Wir müssen zusammenstehen. Auch gegen Populisten und Nationalisten, die alles tun, um uns zu spalten.

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