Die Regierung in Rom will die Verfassung ändern, um das Justizwesen auf Vordermann zu bringen. Igor Secco hält das für keine gute Idee.
Leitartikel
Die Methode Meloni
Aus ff 25 vom Donnerstag, den 20. Juni 2024
In Europa gibt sich die italienische Ministerpräsidentin staatstragend, während sie das Land umbaut. Mit der gnädigen Hilfe der Südtiroler Volkspartei.
Giorgia Meloni beherrscht die Kunst der Inszenierung. Damit betört sie alle, damit überdeckt sie, dass die Inhalte, die sie vorträgt, einen hohlen Kern haben. Beim G7-Gipfel in Apulien legte sie Wert auf gutes Essen und Trinken, ließ sich von italienischen Modedesignern einkleiden.
Als Support ließ Meloni Papst Franziskus einfliegen. Er hat einiges mit ihr gemeinsam, etwa wenn es um Abtreibung oder Rechte für sexuelle Minderheiten geht. So entschlüpfte dem Papst kürzlich das Wort „frocciagine“, man könnte es mit „Verschwulung“ übersetzen. Es war nicht positiv gemeint, aber ehrlich.
Auch Südtirol findet Gefallen an Giorgia Meloni, in Südtirol erhielt ihre Partei, die Fratelli d’Italia (FdI), fast 13 Prozent der Stimmen, in Bozen waren es 25, in Sterzing 15 Prozent. In vielen Gemeinden über zehn Prozent.
Aber warum sollten die Leute nicht FdI und Meloni wählen? Schließlich hat ja die SVP die Postfaschisten mit der Flamme des MSI im Parteisymbol hoffähig gemacht. Und hofiert sie in Rom. FdI sitzt mit der SVP in der Landesregierung. Marco Galateo ist der Landesrat der „Fratelli“, er hat beste Verbindungen in seiner Partei. Auch die Wirtschaft hat die Brandmauer zu rechts längst eingerissen (wenn es sie je gab), schließlich will man aus Rom (und Bozen) holen, was immer man kriegen kann.
Giorgia Meloni agiert geschickt, in Brüssel gibt sie sich als Europäerin, in Rom als Kritikerin der EU (die harten Anti-EU-Sprüche überlässt sie ihrem Koalitionspartner von der Lega). Sie redet je nach Anlass. Manchmal bricht die alte rechtsextreme Rhetorik durch, etwa bei Auftritten für die spanischen Rechtsradikalen von der Vox.
Lassen wir uns nicht täuschen, der Umbau der Gesellschaft hat längst begonnen. Mit den Rechten an der Regierung werden Räume enger, verspielen wir die Zukunft, wenn es um den Kampf gegen den Klimawandel geht. Und durch die Verfassungreform mit der Direktwahl des Ministerpräsidenten will Meloni den Staat umbauen, mit der gnädigen Hilfe der SVP.
Nach innen macht Giorgia Meloni die Räume enger, sie legt der Rai Zügel an, besetzt wichtige Posten mit Getreuen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist jetzt nicht mehr in der Hand der Politik (was per se Unfug ist), sondern in der Hand der Regierung. Ähnlich ist es in der Kultur oder bei Institutionen mit staatlicher Beteiligung. Meloni belohnt die Leute, die ihr zur Seite standen, als die Partei klein war. Auch beim Treffen der G7 hat sich Meloni durchgesetzt. Das Wort Abtreibung ist aus dem Abschlusstext verschwunden, verwässert wurde der Verweis auf die Rechte von Schwulen, Lesben, Transpersonen. Der Einsatz für sie wurde der Diplomatie geopfert.
In Italien muss die LBGTQ+-Gemeinde um ihre Rechte kämpfen und fürchten. So der Tenor bei den ff-Talks am vergangenen Samstag. Der Erfolg der Rechten fördert die Homophobie in Europa (siehe auch Titelgeschichte in diesem Heft).
Viele Institutionen haben sich in diesem Monat in Südtirol mit der Regenbogen-Fahne geschmückt. Marketing oder echter Einsatz? Auf Worte müssen jetzt Taten folgen, in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft. Sonst heißt es, wie bei den ff-Talks, nach ein paar Jahren wieder: Es hat sich nichts verändert.
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