Die Szenenbildnerin hat das letzte Mal auf einem Flug von Lukla nach Kathmandu gebetet.
Leitartikel
Die Demokratie, das sind wir
Immer mehr Menschen wollen nicht mehr wählen. Das ist ein großes Problem. Es braucht eine Politik, die die Leute mitnimmt. Und unser Engagement.
Die Verlierer dieser Gemeindewahl sind wir alle. Weil nur 60 Prozent der Menschen ihr Wahlrecht ausgeübt haben – fünf Prozent weniger als noch 2020, in Bozen 53 Prozent, in Meran gar nur 49. In den größten Städten des Landes ist die Politikmüdigkeit groß. Und sie wird von Wahl zu Wahl größer.
Demokratie stirbt, wenn sich niemand mehr daran beteiligt. Sei es, wenn immer weniger Menschen sich engagieren, sei es, wenn immer mehr Menschen zu faul sind, die paar Schritte zur Wahl zu gehen.
Die niedrige Wahlbeteiligung ist eine Ohrfeige für die Politik. Sie muss sich ernsthaft überlegen, was sie dagegen tun, wie sie wieder und anders mit der Wählerschaft kommunizieren kann. Denn das sagen viele, die in den vergangenen Wochen Flugblätter oder Visitenkarten verteilt haben oder bei den vielen Informationsveranstaltungen aufgetreten sind: Die Leute haben ein großes Bedürfnis zu reden.
Offensichtlich haben Politikerinnen und Politiker noch nicht den richtigen Ton gefunden. Offensichtlich hat in Bozen auch das Personal nicht überzeugt. Eine gute Tradition etwa der Linken waren Vorwahlen. Das birgt freilich das Risiko, dass die „Falschen“ gewählt werden, Leute, die den Parteien nicht passen, sich nicht lenken lassen.
Was tun gegen Wahlmüdigkeit und Wahlverdrossenheit?
Zum Beispiel die Abstimmung erleichtern durch Briefwahl. Das würde verhindern, dass Menschen nicht abstimmen, weil sie nicht rechtzeitig aus einem langen Wochenende heimkommen wie am vergangenen 4. Mai. In Österreich ist die Briefwahl inzwischen weit verbreitet, in Italien nicht.
Das wäre die technische Seite. Aber sie genügt nicht. Das andere ist die politische Seite.
Was macht eine glaubwürdige Politik aus? Glaubwürdig ist, wer nicht zu große Versprechungen macht, sich die Zeit nimmt zuzuhören, entscheidet, aber erst nach ausführlicher Diskussion. Glaubwürdig ist, wer nicht zu viel verspricht – und hält, was er verspricht. In Bozen etwa haben die Leute viel gehört in den vergangenen Jahren, wenn es etwa um Wohnen und Verkehr ging. Passiert ist wenig. Die Mitte-links-Koalition, die die Stadt regiert hat, war seltsam unentschlossen.
Wer regieren will, muss dafür sorgen, dass es den Leuten wirklich besser geht. Nicht Ideologien entscheiden die Wahl, sondern das Gefühl, dass politische Entscheidungen das Leben erleichtern. Nicht die Autonomiereform entscheidet die Wahlen, schon gar nicht Gemeindewahlen, sondern umsetzbare Konzepte für leistbares Wohnen und weniger Verkehr.
Eine andere Medizin gegen Wahlmüdigkeit ist Transparenz, offensichtlich fühlen sich viele Leute von der Politik nicht mitgenommen, können Entscheidungen nicht nachvollziehen. Aufklärung ist nötig, es muss gesprochen werden. Gerade auf Gemeinde-ebene ließe sich das leicht machen. Helfen könnten Elemente direkter Demokratie. Damit die Menschen nicht das Gefühl haben, sie dürfen nur alle fünf Jahre mitreden.
Demokratie überlebt nicht von allein, wir müssen etwas dafür tun. Etwa, indem wir nicht einen weißen Stimmzettel abgeben, sondern selbst antreten. Nehmen wir die Demokratie in die Hand, nehmen wir unser Recht auf Beteiligung wahr.
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