Leitartikel

Die Emanzipation des Mannes

 

Berufstätige Frauen haben zwei Jobs: daheim und am Arbeitsplatz. Wer kann das ändern? Die Politik? Nein, die Männer müssen sich einen Ruck geben.

Dass Männer bei Hausarbeit und Kinderbetreuung schwächeln, ist bekannt. Das ändert sich nur gaaanz gaaanz langsam. So langsam, dass man sich wundern muss, wie geduldig Frauen sind.

Die Allianz für Familie und der Verein Thrive+ haben erhoben, was für Bedürfnisse Eltern haben, wenn es um die Betreuung der Kinder geht, und wie die Erziehungs- und Hausarbeit verteilt ist (siehe Grafik auf Seite 40).

Das Ergebnis ist ernüchternd. Es zeigt die ungleiche Verteilung der Haus- und Erziehungsarbeit. Von halbe-halbe ist Südtirol weit entfernt. Erstaunlich andererseits: die relative Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung, auch wenn es eine hohe Zahl von Menschen gibt, deren Bedürfnisse nicht gedeckt werden.

Hört man vor den Ferien Väter und Mütter, so klingt fast schon Verzweiflung und Wut durch, wenn es um die Kinderbetreuung geht.

Die Verteilung der Erziehung, die Verteilung der Hausarbeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind grundlegend für die Gleichstellung der Geschlechter. Wenn Frauen mehrheitlich für Familie und Haushalt sorgen müssen – und womöglich auch für die Eltern –, wird es keine Gleichstellung und weniger Teilhabe geben. Teilhabe an Kultur, Gesellschaft und Politik – Frauen überlegen sich gut, ob sie sich in der Politik engagieren sollen.

Das größte Hindernis ist, dass Frauen, wenn sie berufstätig sind, zwei Jobs haben. Und der Job daheim ist genauso anstrengend wie der Job im Büro, im Klassen- oder im Krankenzimmer. Das sind die Branchen, in denen die Mehrzahl der Beschäftigten weiblich ist – und schlechter bezahlt. Was auch bedeutet, dass das Familieneinkommen leidet, wenn der Mann Elternzeit nimmt. Ein anderes Ergebnis der Befragung ist, dass viele Menschen in Zusammenhang mit der Elternzeit in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Es ist eine Frage der Gerechtigkeit. Und die kommt nicht von allein.

Das Problem mit der Kinderbetreuung, vor allem im Sommer (drei Monate Ferien), muss die Politik lösen – das Land und die Gemeinden, in Zusammenarbeit mit den vielen Vereinen, die es im Land gibt. In Südtirol gibt es viele Ehrenamtliche, die gerne helfen. Man muss diese Ressourcen nutzen. Warum nicht auch während des Schuljahres am Nachmittag? Manchmal scheint es so, als wollten die Schulen die Vereine draußen halten.

Das andere ist die Verteilung der Eltern- und der Erziehungsarbeit. Damit Männer mehr Elternzeit nehmen, braucht es finanzielle Anreize und Gesetze, die verhindern, dass Männer sich drücken.

Gesetze lassen sich machen, wenn die Politik nur will – freilich wird Politik mehrheitlich immer noch von Männern gemacht.

Deswegen müssen wir Männer uns aus alten Mustern lösen, das ist harte Arbeit, den Macho, der irgendwo noch in jedem von uns steckt, ausmustern. Verantwortung übernehmen also, mehr als jetzt.

Und gerade jetzt, wo es scheint, dass die Dinge rückwärtslaufen, alte Vorstellungen von Familie und der Rolle von Männern und Frauen wieder von ganz oben propagiert werden.

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