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Leitartikel
Keine Angst vor dem Volk!
Die Referenden sind kläglich gescheitert. Doch wer dazu aufruft, sie zu boykottieren, schadet der Demokratie. Das wird sich rächen.
Das klägliche Scheitern der fünf Referenden zeigt, dass die Demokratie in der Krise ist. Sie sind gescheitert, weil nur wenige, zu wenige, das Recht – und die Pflicht – abzustimmen, wahrgenommen haben. Damit in Italien Referenden gültig sind, müssen 50 Prozent der Berechtigten ihre Stimme abgeben.
Früher waren Referenden ein wichtiges Instrument, um Regierungen die Richtung zu zeigen, die Meinung des Volkes zur Geltung zu bringen. Auch wenn es in Italien fast immer nur um die Abschaffung von Gesetzen geht – anders als in der Schweiz, wo Volksabstimmungen zur DNA der Demokratie gehören und Neues vorschlagen können. In Italien sind Volksabstimmungen ein stumpfes Schwert – und oft so formuliert, dass die Wählerschaft einen Rechtsbeistand braucht, um Inhalt und Tragweite zu verstehen.
Eine Zeitenwende in Italien waren die Referenden zu Abtreibung und Ehescheidung. Wäre es nach den christdemokratischen Männern an der Spitze des Staats gegangen, wäre alles beim Alten geblieben – so wie es ihr starres christliches Weltbild vorsah. Aber weil es das Volk anders sah, wurde Italien ein moderneres Land, die Frauen unabhängiger und die katholische Kirche weniger mächtig.
Am vergangenen Sonntag und Montag ging es um viel weniger, um Arbeitsrecht und den schnelleren Erwerb der Staatsbürgerschaft. Es sind „linke“ Anliegen, unterstützt vor allem von Partito Democratico und den Gewerkschaften.
Nichts, was die Gesellschaft bewegen oder grundlegend verändern würde. Dafür muss man nicht die große Wahlmaschinerie in Gang sitzen, die viel Geld verbrennt. Sinnlos. Man sollte das Instrument des Referendums auch nicht missbrauchen, nur um sich ein bisschen Sichtbarkeit zu verschaffen.
Die Regierung und die Rechtsparteien wollten, dass alles bleibt, wie es ist. Das ist legitim. Ein Schaden für die Demokratie ist es jedoch, zum Boykott aufzurufen. Das bedeutet, die Leute dazu zu erziehen, dass sie Abstimmungen fernbleiben. Warum sollte sie ein anderes Mal wählen gehen, wenn Parteien es für normal halten, Abstimmungen zu boykottieren?
Boykott delegitimiert die Demokratie. Man sagt den Leuten, es ist nicht wichtig, dass ihr wählen geht. Die Gemeindewahlen in Südtirol waren eine Mahnung: Im ersten Wahlgang lag die Beteiligung im ganzen Land nur bei 52 Prozent, bei den Stichwahlen in Meran und Bozen gar nur bei 40 Prozent.
Die gescheiterten Volksabstimmungen wären eine gute Gelegenheit, um das Instrument des Referendums zu reformieren. Etwa durch die Einführung eines propositiven Referendums, bei dem es wirklich um etwas geht. Oder durch die Abschaffung des Quorums, mit dem man im Moment jedes Referendum an der 50-Prozent-Hürde zerschellen lassen kann. Das Instrument des Referendums muss in Italien fit gemacht werden, damit es wieder brauchbar ist.
Es kann sinnvoll sein, über große Fragen das Volk abstimmen zu lassen – so wie bei Änderungen der Verfassung. Aber es hat nicht viel Sinn, wenn es um die Abschaffung von einzelnen Gesetzesartikeln geht. Das ist verschleuderte Energie, die anderswo besser eingesetzt wäre.
Keine Angst vor dem Volk!
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