Leitartikel

Die Ungültigen

 

Es ist eigentlich ganz einfach: Wenn es nichts zu wählen gibt, gehen die Leute nicht zur Wahl. Oder sie geben weiß ab.

In Laas waren es 51 Prozent. In Laurein 50 Prozent. In Abtei 48 Prozent. In Barbian und Vintl je 46 Prozent. In diesen Gemeinden haben sich die Menschen die Mühe gemacht, zur Wahl hinzugehen, um ganz klar zu sagen: so nicht.

Ungültig wählt, wer Herzen auf den Stimmzettel zeichnet oder „Motschuner Peppm“ draufschreibt. Nur ganz selten, davon bin ich überzeugt, war die ungültige Stimme ein Versehen. Trotzdem versuchen manche Bürgermeister die vielen weißen und ungültigen Stimmen und die sinkende Wahlbeteiligung vor allem darauf zu schieben, dass der Wahlmodus zu kompliziert sei.

Die Wahrheit ist vielmehr, dass die Leute mit der Auswahl nicht zufrieden waren. Das gilt in erster Linie für jene Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die allein antraten. Es macht sich bezahlt, auch in anderen Gemeinden genauer hinzuschauen. In Vahrn etwa oder in Bruneck ist die Wahlbeteiligung gesunken. Dort gab es zwar Kandidatinnen und Kandidaten unterschiedlicher Parteien, aber es galt als sicher, dass Bürgermeister wird, wen die SVP aufstellt.

Und die hat im Vorfeld im stillen Kämmerlein entschieden, in diesem Fall SVP-Koordinierungsausschuss genannt. Dass die Bürgermeister jetzt so tun, als rätselten sie, warum die Menschen nicht zur Wahl gingen oder ungültig wählten, ärgert mich. Die Wählerinnen und Wähler für dumm verkaufen, ist wohl der schlechteste Weg, wenn man Begeisterung für die Politik wecken möchte.

Leider spricht das Wahlgesetz eine ähnliche Sprache. Es gilt das sogenannte doppelte Quorum, sobald es nur eine Liste und einen Bürgermeisterkandidaten gibt. Zumindest 40 Prozent der Wahlberechtigten müssen hingehen – und es muss mehr als die Hälfte der Stimmen auf den Kandidaten entfallen. Wer denkt sich so etwas aus? Ist das eine Verwirrungstaktik, weil einige Unzufriedene nicht hingehen und die anderen ungültig wählen – damit das doppelte Quorum auf jeden Fall erreicht wird?

Gegen fast jede Art von Unzufriedenheit hilft eine gute Auswahl und eine gesunde Diskussionskultur. Auch wenn die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen sind, lohnt ein Blick nach
St. Ulrich. Dort hatte die SVP im Mai 2015 nur 17 Kandidatinnen und Kandidaten gefunden und mit Ewald Moroder nur einen Anwärter auf das Amt des Bürgermeisters. Den Leuten war das zu wenig. Sie gingen nicht zur Wahl – und es musste der Kommissar an-tanzen. Bei der Neuwahl einige Monate später gab es nicht mehr nur SVP, sondern auch eine Bürgerliste, beide mit einer guten Auswahl. Seitdem ist Tobia Moroder von der Lista Unica Bürgermeister in St. Ulrich.

Jetzt werden manche sagen: Ja, was kann denn die SVP dafür, wenn sie in Gemeinden wie Laas, Laurein oder Lüsen keine Konkurrenz bekommt?! Andere Parteien oder parteilose Bewegungen sollen für die nötige Alternative sorgen.

Das aber greift zu kurz. Die SVP ist in 102 Gemeinden Bürgermeisterin, sie hätte die Kraft, für mehr Auswahl zu sorgen, etwa indem sie in Vahrn oder Bruneck mehrere Kandidaten zur Wahl antreten ließe. Allein: Es fehlt ihr der Mut. Das ist nicht nur bedauerlich, die SVP schadet damit der Demokratie und letztendlich sich selbst.

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