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Leitartikel
Schneckentempo
Aus ff 34 vom Donnerstag, den 21. August 2025
Motorradfahrer haben auf unseren Passstraßen völlige Narrenfreiheit. Warum Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider in Rom endlich Zähne zeigen muss.
Das Stilfser Joch gilt als die „Königin der Rennradpässe“. 48 nummerierte Kehren und 25 Kilometer sind es von Prad bis zur Passhöhe. Das Panorama: atemberaubend. Die Gletscherfelder des schmelzenden Ortlers (siehe Titelgeschichte) zum Greifen nah. Zeit, das Panorama zu genießen, bleibt aber kaum. Wer mit dem Rennrad aufs Joch hinaufkurbelt, hat anderes zu tun. Konzentration ist gefragt.
Erst hört man nur ein entferntes Grollen, dann wird der Ton klarer, aggressiver. Schließlich schießt das erste Motorrad mit einem scharfen Heulen vorbei. Und während sich der Sound wie ein Echo durch die nächste Kehre zieht, fetzt schon das zweite Motorrad vorbei – mit gefühlt minimalem Abstand und einem kräftigen Luftstoß. Oft hallt das akustische Donnern noch minutenlang nach, bevor sich die nächste Moto-Gruppe ankündigt.
Die Fahrt mit dem Rad auf einen Südtiroler Pass gleicht einem Selbstmordkommando. Die Fahrweise mancher Motorradfahrer (meist sind es Männer) ist unberechenbar. Nicht selten kommt es vor, dass sich ein Fahrer so sehr in die Kurve legt, dass er mit den Knieschützern den Asphalt berührt, um Funken zu schlagen. Oder bewusst einen Wheelie provoziert – also in Showmanier das Vorderrad hochzieht.
Als Fahrradfahrerin bleibt man ohnmächtig zurück, wie ein schreckhaftes Wiesel. Schickt den Rasern Flüche hinterher und hofft, dass die Polizei um die Ecke steht. Doch die Ordnungskräfte sind unterbesetzt, haben laut eigenen Angaben kaum Kapazitäten frei, um den Narren Einhalt zu gebieten.
Motorradfahrer haben in Südtirol einen Freifahrtschein. Mit ihren riskanten Überholmanövern bringen sie auch Autofahrer ins Schwitzen. Zeigen sich respektlos gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Passstraßen avancieren immer mehr zu Rennstrecken. Das hat jüngst sogar unser Landesrat für Mobilität erkannt. Daniel Alfreider sprach das Problem endlich offen an: Motorräder und getunte Sportwagen werden immer mehr, betonte er auf Rai Südtirol. Das könne so nicht weitergehen.
Dabei frage ich mich: Wo bleiben die Lösungen? 1995 hat unser Magazin zum ersten Mal in einer Titelgeschichte über den unerträglichen Verkehr auf den Passstraßen berichtet. 30 Jahre später ist nichts passiert. Im Gegenteil: Die Situation spitzt sich zu. Und was macht der Landesrat? Er verweist auf Rom. Gebetsmühlenartig sagt er, dass das geltende Gesetz derzeit zentrale Maßnahmen wie Kontingentierungen, Mautregelungen oder fixe Radarkontrollen untersage. Sein bisher größter Erfolg: der Besuch bei Unterstaatssekretär Tullio Ferrante im Juli. Das Ergebnis: Man will die rechtlichen Grundlagen schaffen, damit die Gemeinden wieder fixe Geschwindigkeitskontrollsysteme installieren können. Zumindest wurde das in Aussicht gestellt.
Ein Tropfen auf dem heißen Stein. Während die Motorradfahrer auf unseren Pässen tun und lassen, was sie wollen, geht politisch alles im Schneckentempo voran. Anders bei unseren Nachbarn in Tirol. Turbo-Freaks werden zur Kassa gebeten. Ein Motorrad auf der Großglockner-Hochalpenstraße bezahlt 35 Euro für das Passieren des Passes. Zudem greift seit drei Jahren ein Tempolimit von 70 km/h. Wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden im Juli an nur einem Tag 172 Motorradlenker und 126 Autolenker angezeigt. Und was machen wir? Wir verschenken unsere wunderbare Landschaft – an Menschen ohne Respekt für unser Land und seine Menschen. Werter Landesrat für Mobilität, es wird höchste Zeit, den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Die Bevölkerung hat genug von Ausreden und Zuständigkeits-Pingpong. Zeigen Sie Zähne und bringen Sie den Mut auf, in Rom zu kämpfen. Denn wie Sie wissen: Die nächste Wahl kommt gewiss. Und wer sich wegduckt, verliert Vertrauen.
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