Pflegepersonen von demenzkranken Menschen stoßen an ihre Grenzen. Was sich ändern muss.
Leitartikel
Wenn wir wollen, schaffen wir das
Demokratien haben die Pflicht, die Menschenrechte zu achten. Das heißt auch, Geflüchtete aufzunehmen. Dafür braucht es freilich klare Regeln.
Für ihren Satz „Wir schaffen das“ ist die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel viel gescholten worden. Dabei war sie eine erfolgreiche Kanzlerin, wenn man sie mit ihren Nachfolgern vergleicht, sie konnte Diplomatie. Sie tat diesen Satz am 31. August 2015 inmitten der Flüchtlingskrise, als Millionen von Menschen nach Europa drängten.
Es war ein Satz, unvorsichtig, aber ehrlich.
Die Flüchtlinge wurden damals freundlich empfangen. Man nannte es „Willkommenskultur“. Zehn Jahre danach herrscht in Europa, besser gesagt in Europas Regierungen, egal welcher Farbe, eine Ablehnungskultur. Sie wird geschürt von rechten und rechtsextremen Parteien, die daraus Kapital schlagen.
Dem steht die Hilflosigkeit der Konservativen und der Linken gegenüber, die Konservativen beten oft die Parolen der Rechtsextremen nach, die Linken tun so, als würden Migration und Integration keine Probleme bereiten. In Debatten scheint es oft so, als wäre es das wichtigste Thema. Das lenkt ab von Wohnungsnot, Sozialabbau, Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, niedrigen Einkommen.
Migration ist ein Thema, das sich gut politisch bewirtschaften lässt, ebenso wie die Pandemie. Oft sind es die gleichen Leute, die damit hausieren gehen.
Angela Merkel tat in einem Anfall von (christlicher) Humanität die Tür auf (ihre Partei hat das „C“ im Namen, aber ebenso wie in der SVP ist das „C“ weitgehend verdampft). Diese Humanität ist verflogen, man will abschotten, renationalisieren oder gar „remigrieren“ (ein Wort aus dem Wörterbuch des Unmenschen). Auch wenn heute viel weniger Menschen kommen als noch vor zehn Jahren, die Grenzen dicht sind, es viele Beispiele für erfolgreiche Integration gibt.
Ja, es kamen vor zehn Jahren viele Menschen, ja, eine Minderheit davon schafft(e) Probleme, ja, es ist anstrengend, Menschen, die anders denken, Menschen mit einer anderen Kultur, zu integrieren. Ja, es gibt unter ihnen Kriminelle – aber der Rechtsstaat müsste doch imstande sein, mit ihnen umzugehen, so wie er mit indigenen Verbrechern umgeht.
Wenn wir ein Land sein wollen, das Menschenwürde, Menschenrechte achtet, haben wir die Pflicht, Geflüchtete aufzunehmen. Viele Syrer flüchteten 2015 vor Krieg und einem grausamen Regime nach Europa, ebenso wie Afghanen, Äthiopier oder Eritreer.
Menschen abweisen, zurückdrängen, Verbrecherbanden wie in Libyen zu überlassen, heißt zu missachten, worauf unsere Gesellschaft aufbaut, auf einer demokratischen Verfassung, Achtung der Menschenwürde, Menschenrechte. Dafür gilt es sich einzusetzen. Sonst verlieren wir uns selbst.
Es braucht freilich Klarheit in der Einwanderungspolitik, klare Regeln, Kontingente, eine Integration, die diesen Namen verdient. Das kostet, dafür braucht es einen Plan, Angebote und die konsequente Umsetzung dieser Angebote. Das heißt: Ausbildung, Arbeit, Wohnung. Das heißt aber auch: Sprachen lernen, Verfassung und Gesetze achten. Und: Wer die Regeln nicht beachtet, muss Konsequenzen fürchten. Integration ist nicht Anpassung, aber eben auch. Wer hierher kommt und Hilfe sucht, kann sein bisheriges Leben nicht eins zu eins mitnehmen.
Wenn wir wollen, schaffen wir das.
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