Leitartikel

Es hilft nur eine mutige Politik

 

Der BBT ist ein schönes Projekt. Aber es ist zu befürchten, dass er wenig ­helfen wird. Dafür müsste die Politik den Verkehr auf der Straße regeln.

Der Brennerbasistunnel (BBT) ist ein Projekt der Rekorde. Die Länge, 64 Kilometer, und das Geld, 10,5 Milliarden Euro, das man dafür ausgibt, wenn er vielleicht 2032 eröffnet wird.
Man kann damit protzen, wie sich beim Politiker- und Medienauflauf am vergangenen Donnerstag gezeigt hat (siehe Artikel ab Seite 20). Bescheidene 300.000 Euro hat man dafür ausgelegt. Der Anlass: der Durchstich des Erkundungsstollens.
Tief in der Erde ist Tirol wieder vereint, da sollen in Zukunft Züge mit Menschen und Waren durchrauschen. Es ist ein schönes Gefühl, daran zu denken, dass man in Zukunft schnell mit dem Zug nach Innsbruck fahren kann und sich nicht mehr über den Brenner quälen muss.
Aber wird der BBT das Verkehrsproblem auf der Brennerachse lösen?
Es ist zu befürchten, dass die Menschen entlang der Strecke weiter unter dem Lkw-Aufkommen leiden werden. Bis 2032 sowieso und auch danach noch. Was die Politikerinnen und Politiker am Brenner aufgeführt haben, da­runter Landeshauptmann Arno Kompatscher, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der österreichische Bundeskanzler Christian Stocker, der italienische Verkehrsminister Matteo Salvini (von ihm weiß man ja, dass er schnell die Medizin holt, wenn ein Frächter hustet), war ein Schauspiel.
Die Politik hat noch keine konkrete Vorstellung, wie sie die Lkw von der Straße auf die Bahn bringen will, wenn der Tunnel einmal fertig ist. Denn entweder wird der Transport auf der Bahn billiger – dann macht die Bahn Verluste. Oder die Maut auf der Brennerachse wird teurer, aber das werden die Frächter verhindern, eine mächtige Lobby, mächtig wie in Südtirol
Bauernbund oder HGV.
Die Frächter fahren dort, wo es billig ist. Auf der Straße. Das macht die Schweiz besser und deshalb queren auch weniger Lastwagen das Land. Die Maut muss höher werden, dann wäre auch der Warentransport per Bahn attraktiver. Gerechte Kosten, die auch die Belastungen für die Umwelt einrechnen, würden außerdem viele unnütze Leerfahrten verhindern.
Mit dem BBT verbinden sich viele Hoffnungen und Erwartungen. Die Leute erwarten sich schnellere Verbindungen, die Anrainer eine Entlastung vom Schwerverkehr. So wie es jetzt aussieht, werden die Leute, die an der Autobahn leben, enttäuscht werden.
Die Landespolitik hat, wenn es um Verkehr geht, nicht viele Kompetenzen. Aber sie hat auch wenig Mut, handelt mit wenig Nach-druck, hat keine innovativen Ideen – man muss nur einmal den wolkigen Ankündigungen von Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider lauschen.
Wenn der Brennerbasistunnel eine Erfolgsgeschichte werden soll, muss man jetzt schon darüber reden, wie man den Schwerverkehr von oben nach unten bringt – oben werden ja ohnehin noch genug Pkw bleiben, die über den Brenner fahren. Anreize werden nicht genügen, es braucht Regeln – man mag sie auch Gebote und Verbote nennen. Die Politik muss der internationalen Frächterlobby widerstehen.
Sonst, das zeigt die Erfahrung mit der bisherigen Verkehrs­politik, ändert sich nichts. Oder es wird nur noch schlimmer. 

Leserkommentare

Kommentieren

Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.