Leitartikel

Stammgast im Tribunal

 

Luis Durnwalder und seine Verfahren. Er ist bestimmt kein Unschuldslamm, aber sind die Strafen gegen ihn wirklich gerechtfertigt?

Luis Durnwalder, der Altlandeshauptmann, mag es, wenn ihn heute noch jemand etwas fragt. Dann kommt er ins Reden. Mit uns, mit der ff, hat er einmal geredet, einmal nicht. Nicht reden bedeutete, wir waren ihm wieder einmal zu kritisch gewesen. Dann sagte er: „Ihr schreibt ja, was ihr wollt.“
Ja, wir haben geschrieben, nach gründlicher Recherche. Bei der wir ihn immer zum Thema befragt haben. So wie jetzt, als mein Kollege Karl Hinterwaldner sich die Frage gestellt hat, warum Gerichte und Rechnungshof heute noch Luis Durnwalder, 84, verfolgen – siehe Titelgeschichte in diesem Heft. Er ist jetzt bald zwölf Jahre in Pension. 2014 hat er sein Amt an Arno Kompatscher übergeben, 25 Jahre war er im Amt gewesen.
Luis Durnwalder ist auch im Jahr 2025 immer noch ein Thema. Nicht weil er seine Partei, die SVP, oder die Arbeit der Landesregierung kritisiert. Alles erwartbar, nachdem der Neue versprochen hatte, alles anders zu machen. Nein, wegen der Verfahren, die die Justiz seit Jahren gegen Durnwalder führt. Und die einfach nicht enden wollen. Kürzlich erst hat der Rechnungshof festgestellt, dass Durnwalder 200.000 Euro zahlen muss, weil er dem Land einen Imageschaden zugefügt hat.
Einen Imageschaden?
Durnwalder hat das Geld aus dem Spesenfonds, der ihm zur Verfügung stand, nicht veruntreut. Regelgerecht damit umgegangen ist er freilich auch nicht, er verrechnete Geldgeschenke aus dem Sonderfonds mit privaten Ausgaben. Und dafür wurde ihm der Prozess gemacht und dafür wurde er verurteilt. Zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft und zu einer hohen Geldstrafe. Dazu kommt die Murmeltieraffäre – die Erlaubnis Murmeltiere abzuschießen –, die ihn 500.000 Euro gekostet hat. Insgesamt sind es über eine Million Euro an Strafen, die er aufbringen muss.
Die ganze Geschichte, der Sonderfonds, die Murmeltiere, stammt aus einer anderen Zeit. Der Zeit, als Durnwalder wie ein Patriarch das Land regierte – der Großbauer bestimmte den Lauf der Dinge, es herrschte eine „Bittgang-Demokratie“. Die Leute standen um fünf Uhr in der Früh vor seinem Büro mit ihren Anliegen. Und sie wurden gewährt.
Bis heute gibt es keinen Hauch der Selbstkritik von Durnwalder. In den Prozessen hat er es immer drauf ankommen lassen, einen Ver­gleich ausgeschlagen.
Aber ist es recht, dass er bis heute so verfolgt wird? Erstens dauern die Verfahren lang und zweitens wirkt es so, als sei die Justiz mit Durnwalder sehr streng. Er selbst fühlt sich zu Unrecht verurteilt, aber ein „politisches Opfer“ (O-Ton Durnwalder) ist er natürlich nicht. Italien ist keine Diktatur, in der Menschen wegen ihrer politischen Tätigkeit verfolgt werden.
Ein Imageschaden für Südtirol in der Höhe von 200.000 Euro? Was soll das sein, wie errechnet man ihn, welche Parameter gibt es dafür? Kommen deswegen weniger Gäste nach Südtirol (scheint nicht so) oder sinken deswegen die Exporte (scheint auch nicht so)?
Luis Durnwalder ist kein Unschuldslamm: Er hat ein verfilztes Land hinterlassen, die Seilschaften-Demokratie gepflegt, aber sind die Strafen gegen ihn wirklich gerechtfertigt? 

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