Elisabeth Tauber sucht das Unerforschte. Jetzt stürzt sich die Anthropologin in ein neues Abenteuer – als Dekanin der Fakultät für Design und Künste.
Leitartikel
Dieses Gefühl
Südtirol ist ein sicheres Land. Trotzdem sehen sich viele Menschen von Ganoven umzingelt. Was stimmt da nicht?
Wie sicher ist Südtirol? Dieser Frage gehen Andrej Werth und Markus Larcher in der Titelgeschichte nach. Sie haben Studien gewälzt, Statistiken angesehen, mit Fachleuten und Politikerinnen gesprochen. Ihr Fazit: Das Land ist sicherer, als es sich in der gefühlten Wahrnehmung vieler Menschen darstellt.
Doch warum ist das so? Weshalb fühlen sich vor allem Frauen in den größeren Städten des Landes nicht mehr sicher? Sind heute mehr Ganoven unterwegs als früher? Oder stören die Menschen anderer Hautfarbe einfach das Stadtbild, wie der deutsche Kanzler Friedrich Merz vor einigen Wochen sagte?
Das Südtiroler Sicherheitsbarometer 2025 deutet darauf hin, dass eine „übermäßige Einwanderung“ das Gefühl der Unsicherheit befeuert. 59 Prozent der Befragten gaben an, der Hauptgrund für Kriminalität sei genau das – also die übermäßige Einwanderung.
Bekämpfen könne man das am besten, sagen mehr als die Hälfte der Befragten, indem man die Einwanderung begrenzt. Und, auch das sagen mehr als die Hälfte der Befragten, indem man sicherstellt, dass es zu einer Bestrafung kommt.
An der Anzahl der gemeldeten Straftaten kann es nicht liegen. Sie war in den Jahren 2013 und 2014 höher als 2024. Und 2015 und 2016 in etwa gleich hoch wie heute: In Südtirol werden pro 1.000 Personen und Jahr 32 Straftaten angezeigt.
Das ist, im Vergleich mit anderen Regionen und Ländern, ein akzeptabler Wert. In allen anderen Regionen Italiens liegt er höher, im Durchschnitt werden 40 Delikte pro 1.000 Einwohner begangen. In den Metropolen Rom, Mailand und Florenz sind es gar 67. Gut, werden nun viele sagen, aber in der Schweiz, Österreich und Deutschland sei das Leben sicherer, die Leute friedlicher. Stimmt nicht. Bayern, das Bundesland mit der geringsten Anzahl an Straftaten in Deutschland, kommt auf 47 Straftaten pro 1.000 Personen und Jahr. Bremen meldet 150, Berlin 147.
Im Bundesland Tirol zählte man im Vorjahr 54 Straftaten pro 1.000 Einwohner, in der Bundeshauptstadt Wien 88 – und in der Schweiz 62. Dabei zählen Österreich und die Schweiz zu den sichersten und friedlichsten Ländern der Erde. Im Global Peace Index 2024 rangieren sie unter den Besten, gleich hinter Island, Irland und Neuseeland.
Südtirol, das sagte schon der ehemalige Polizeichef Paolo Sartori, ist im Wesentlichen ein sicheres Land. Aber klar, auch hier gibt es Diebstähle, Einbrüche oder Schlägereien. Überproportional oft daran beteiligt sind Menschen mit Migrationshintergrund. Das soll an dieser Stelle nicht kleingeredet werden.
Sicherheit, und das sagte Sartori ebenfalls, sei aber immer auch eine „gefühlte Sache“. Es ist also ganz oft „dieses Gefühl“, das viele Menschen verunsichert. Verstärkt wird es von den unsozialen Medien, in denen man ständig von marodierenden Babygangs oder kriminellen Ausländern hört und liest. Das trägt nicht zu größerem Sicherheitsempfinden bei.
Wobei das Sicherheitsempfinden oft trügerisch sein kann. Ein Beispiel dafür ist die eigene Wohnung. Darin fühlt man sich sicher. Dabei trifft das nur auf den ersten Blick zu. Das gilt vor allem für Frauen. Denn statistisch gesehen lauert die größte Gefahr für sie nicht auf der Straße, sondern in den eigenen vier Wänden. Und zwar nicht weil die Einbrecher kommen, sondern weil der Partner zuschlägt.
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