Mutter Martha

Gesundheitsreform, Flüchtlinge, Impfdebatte: Auch 2017 hatte Martha Stocker schwere Lasten zu tragen.

Nun gut, es fehlen Esel und Ochs. Auch die zerlumpten Hirten lassen auf sich warten. Kein Stroh, kein Stern, nichts, was zu einem anständigen Weihnachtsbild dazugehört. Immerhin Schafe gibt es im Stiegenhaus von Martha Stockers Haus, dem Landhaus 12 in der Kanonikus-Gamper-Straße in Bozen. ­Schwarze Schafe, die an der Unterseite des Treppenhauses nach oben klettern, aber gut. Spätestens seit diesem Jahr kann der Pusterer Politikerin die Rolle der Gottesmutter Maria gegeben werden. Martha-Maria, die Mutter der Landesregierung, die Arbeitskönigin, die Schmerzensmutter, Trösterin der Flüchtlinge und Schutzpatronin der Partei. Seit knapp vier Jahren bemüht sich Martha Stocker, dass in ihrem „Monsterressort“ sich etwas Großes ereignet, hier, so der Anspruch, solle etwas zur Welt kommen: ob das nun die Sanitätsreform, die Flüchtlingslösung oder der Impffrieden ist. Mutter Martha tritt aufopferungsvoll für Landeshauptmann, Partei und für die Menschen ein.
Die moderne Madonna organisiert alles ein bisschen professioneller als ihre Vorgängerin, die alles dem Zufall überließ und dann mangels Herberge in einem Stall endete. Hochdramatisch allerdings ist auch das Leben der Martha Stocker: Wütende Impfgegner, streitbare Primare und frustrierte ­Hausärzte, des Wartens überdrüssige Patienten, sture Bürgermeister und obdachlose Flüchtlinge – und nun hat sie sich jüngst auch noch den Wolf ins Haus geholt. Weil weder Landesrat Schuler noch Landeshauptmann Kompatscher Zeit hatten, an der Staat-Regionen-Konferenz zum Thema Wolf teilzunehmen, musste die gute Martha nach Rom reisen. Als Mater alias „Martha“ Dolorosa hat sie sich gewissermaßen die sieben Plagen der Endzeit auf sich gezogen – so oder ähnlich umschrieb es der ­Grünen-Landtagsabgeordnete Hans Heiss in seinem Redebeitrag zur Haushaltsdebatte. Rechnet man Generaldirektor Thomas Schael dazu, wären es ganze acht Plagen.
Marienwunder oder gar Marienerscheinungen sind seit jeher Anlass für Pilgerfahrten, bunte Prozessionen und Umzüge. Auch das hat Martha Stocker in dieser Legislatur als Einzige der Regierung geschafft: Menschen aus dem ganzen Land kamen zu Laternenumzügen zusammen, organisierten Fackelprozessionen, sammelten Unterschriften. Während einer Landtagssitzung stellte ihr jemand gar Blumen an ihren Platz.
Der höchste Ausdruck freilich der Marthaverehrung im Land wäre die erneute Aufnahme in den Regierungshimmel. Doch dafür muss ihr 2018 das Wahlvolk die Tür ­öffnen. 

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