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Politik
Segen und Fluch
Aus ff 17 vom Donnerstag, den 23. April 2020
Das Nationale Fürsorgeinstitut ist dieser Tage das Beatmungsgerät der Nation. Doch nicht immer funktioniert es, wie es sollte.
Als Regierungschef Conte am 11. März den nationalen Lockdown verkündete, war die Tragweite des Unterfangens zunächst für viele nicht abzusehen. Nach dem Motto: Ein paar Wochen zu Hause bleiben, und das Ganze hat sich. Schnell wurde klar, dass dem nicht so sein würde. Vom riesigen Heer der gut 32.000 Beschäftigten im Südtiroler Gastgewerbe etwa verloren mehr als die Hälfte zunächst sofort ihre Arbeit und später dann die Aussicht auf eine neue Saison. Jobs im Handel, in der Produktion, im Baugewerbe waren bedroht – quer durch alle nicht essenziellen Sektoren. Der Schrei nach staatlichen Hilfen war laut.
Die italienische Regierung lieferte prompt. Am 17. März wurde das erste große Maßnahmenpaket beschlossen, „Cura Italia“ sollte flächendeckend helfen. Gewerkschaftsvertreter zeigten sich erfreut, wenn auch mit Vorbehalt: Die versprochenen Hilfen für Arbeitnehmer, Selbstständige und Familien müssten nun auch umgesetzt werden, hieß es. Wer ist zuständig? Stefan Luther, Direktor beim Amt für Arbeit, klagte damals gegenüber ff: „Die Zerfledderung der Institutionen – Staat, Regionen, Dritte – ist in Krisenzeiten alles andere als förderlich.“
In Krisenzeiten wie diesen hängt vieles vor allem von einer Einrichtung ab: dem Nationalen Fürsorgeinstitut NISF/Inps. Hier gehen die Anträge ein, hier laufen die Probleme zusammen. Wenn also etwas nicht läuft, ist der Buhmann schnell gefunden. Dass alles mit dem Inps steht und fällt, sah man nicht nur am 1. April, als der Server kollabierte, nachdem das Ansuchen für den 600-Euro-Bonus freigeschaltet wurde.
Die hiesige Zweigstelle in Bozen, ohnehin unterbesetzt, hatte ebenfalls mit dem Virus zu kämpfen. Man war überrumpelt, wie alle anderen – nur waren viele andere praktisch über Nacht vom Inps abhängig. Auf Anfrage räumt man dort zwar die anfänglichen technischen Probleme ein, mittlerweile sei man aber auf einem guten Weg.
Die im Dekret festgelegten Hilfen müssen, wie immer beim Inps, über Rundschreiben jeweils regional definiert werden, bevor sie zur Anwendung kommen können. Das kann manchmal dauern – was unter normalen Umständen verschmerzbar ist, in Krisenzeiten aber fällt jeder Tag besonders ins Gewicht.
Erst wenn die Rundschreiben da sind, ist für Antragsteller, Patronate der Gewerkschaften und Inps-Mitarbeiter selbst klar, wie zu verfahren ist. Doch zwischen Formularen, Modulen und Spid-Account bleibt so mancher Antrag auf der Strecke. Dass die Patronate zurzeit keinen Parteienverkehr haben, macht die Sache nicht leichter.
Anfang April rollten die ersten Maßnahmen an, neben dem Covid-Bonus über 600 Euro – für Selbstständige, Saisonkräfte, landwirtschaftliche Arbeiter und Künstler – noch die Ansuchen um Elternzeit oder auch der Babysitterbonus. Letzte Woche wurden die ersten Zahlen für Südtirol bekannt: 40.872 Ansuchen um den Covid-Bonus, zwei Drittel davon sollen mit Stand 15. April bereits ausbezahlt worden sein. Eine runde Sache eigentlich, und vergleichsweise schnell. Nur haperte es auch hier: Wer etwa ein Firmenkonto angab, sah erst einmal kein Geld.
Ein wesentlicher Teil von „Cura Italia“ war die Versicherung, beim Lohnausgleich niemanden im Regen stehen zu lassen. Das seit der letzten Wirtschaftskrise bekannte Instrument der Sonderlohnausgleichskasse (Cig in deroga) sollte Arbeitnehmer all jener Betriebe auffangen, die nicht unter die ordentliche Lohnausgleichskasse fallen. In Südtirol also Betriebe mit weniger als 6 und Handelsbetriebe mit über 50 Mitarbeitern. Seit Dienstag dieser Woche läuft die Registrierung für die Cig in deroga. Über einen Monat nach Erscheinen des Dekrets, fast zwei Monate nach Ausbruch der Krankheit in Italien.
Beide Kassen verwaltet das Inps. Allerdings gibt es beträchtliche Unterschiede. Während die Mitgliedsbetriebe des Solidaritätsfonds den Lohnausgleich vorstrecken können – was bedeutet, dass das Geld wesentlich schneller ankommt – geht das bei der Cig in deroga nicht. Das ärgert die Wirtschaft. „Das Inps ist schwerfällig, bürokratisch und sehr formell“, sagt etwa Bernhard Hilpold, Direktor des Handels- und Dienstleistungsverbandes.
Dass der Solidaritätsfonds auf Betriebe über 5 Mitarbeiter begrenzt ist – damals auf Druck der Wirtschaftsverbände so beschlossen – rächt sich jetzt. Zum Ärger der Unternehmen, auf Kosten der Arbeitnehmer. Dass das weniger am Inps als an den im Dekret festgehaltenen Bestimmungen liegt, wird dabei schnell vergessen.
Episoden wie diese verhärten den Eindruck, dass beim Nationalen Fürsorgeinstitut zwar einiges holpert. Für die vom Gesetzgeber festgelegten Spielregeln aber kann man nichts. Ein leichtes Ziel bleibt das Inps nach wie vor.
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