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Wirtschaft
Partnertausch
Aus ff 30 vom Donnerstag, den 23. Juli 2020
Im Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften zerbrechen gerade mehrere Ehen. Mitglieder fordern den Rücktritt von Obmann Georg Kössler.
Was im Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften (VOG) gerade passiert, ist Stoff für eine Seifenoper wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Wie bei „Reich und Schön“ oder „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ geht es auch innerhalb Südtirols umsatzstärkster Genossenschaft um Macht, Geld, Gerüchte, Intrigen und Liebeskummer. Und um die Zukunft; der Verband befindet sich in einer tiefgreifenden Diskussion über seine strategische Neuausrichtung. Ein toxischer Mix, der seit Längerem blubbert und nun öffentlich Blasen schlägt.
VOG-Obmann Georg Kössler ist Hauptdarsteller der Soap, in der es zahlreiche Protagonisten, Nebendarsteller und Statisten gibt: Zum Verband gehören 12 Genossenschaften mit 5.000 Mitgliedern, der Umsatz lag 2018 bei knapp 500 Millionen Euro. Der Verband ist ein großer Player, Kössler ein guter Netzwerker. „Ein Politiker“, sagt ein VOG-Mitglied, das wie alle anderen Kössler-Kritiker nicht namentlich genannt werden möchte. Ein anderes Mitglied fordert: „Kössler muss zurücktreten. Wir sind stuff!“ Seit Tagen kursiert unter Obstbauern das Gerücht, in einer Unterschriftensammlung würde der Rücktritt des Obmanns gefordert. Die Unterschriftenliste gibt es nicht, die Kritik an Kössler ist aber real. Die Gründe dafür liegen teils zehn Jahre zurück.
2010 wurde die VOG neu strukturiert, die einzelnen Genossenschaften wurden in Pools zusammengeführt. Verträge zwischen den jeweiligen Partnern regeln die Zusammenarbeit wie gemeinsamen Verkauf oder Aufteilung der Erlöse. Mittlerweile sind die 12 Genossenschaften mit ihren 10.900 Hektar Anbaufläche laut VOG-Webseite in sechs Pools aufgeteilt: Meran, Eisacktal, Bozen West, Bozen Süd, Unterland und Biosüdtirol. Der Onlineauftritt hinkt der Gegenwart hinterher, der Meraner Pool hat sich in zwei Hälften geteilt. Die Obstgenossenschaft (OG) Cofrum und die OG Lanafruit sind jetzt ein Pärchen, und die OG CAFA Meran und die OG Lana auch. Vorher hatten die Genossenschaften eine Vierer-Beziehung geführt, die Scheidung wird mit 31. Juli rechtskräftig.
In Meran hatte man nicht nur einen Pool-, sondern einen Netzwerkvertrag abgeschlossen, der die Genossenschaften eng aneinander bindet. Noch enger ist nur die Hochzeit, eine Fusion. Der Meraner Netzwerkvertrag war weitreichend formuliert, unter anderem sollten Investitionen gemeinsam getätigt werden. Nährboden für Konfliktstoff. Die Genossenschaften waren unterschiedlicher Meinung, wie sie sich künftig ausrichten wollen. Der Markt ändert sich schnell, es braucht Innovationen. Aber welche? Die OG CAFA Meran hat in den vergangenen Jahren viel Geld investiert, andere Partner wollten nun nachziehen. CAFA-Obmann Markus Pircher sagt: „Die Partner wollten mehr Investitionen, wir weniger.“ Das Ende einer Liaison.
Wer mit wem, unter den Genossenschaften ist das genauso bestimmend wie bei der deutschen Serie „Sturm der Liebe“. Man schlägt sich, man verträgt sich.
Auch in den VOG-Gremien ist die Partnerwahl immer wieder Thema, auch diesen Mittwoch diskutierte der Verwaltungsrat darüber, ob die Pools noch Sinn machen. Ein Prozess, zu dem sich Obmann Kössler – unter ihm und dem damaligen VOG-Direktor Gerhard Dichgans waren die Pools eingeführt worden – nicht in der Öffentlichkeit äußern möchte.
Ziel der VOG-Strategie ist eine zentrale Anlaufstelle bei der Vermarktung, die Pools waren von Anfang an als Übergangslösung gedacht, erklärt ein Insider ff. Bereits vor zehn Jahren hatte die VOG befürchtet, dass es Probleme und Schwierigkeiten geben würde. Man hatte sich nicht getäuscht.
„Die Pools haben nie funktioniert“, schimpft ein Mitglied, ein anderes ärgert sich über die Netzwerkverträge, „Kosten und Einnahmen, alles wird aufgeteilt. Alles ist gleich, wie in einem kommunistischen Staat.“ Walter Pardatscher, seit einem Jahr VOG-Geschäftsführer, widerspricht. Der Inhalt eines Netzwerkvertrages hängt vom Willen der Genossenschaften ab, er lässt sich enger und weiter fassen.
Ein solcher Netzwerkvertrag bildet die Rahmenhandlung der vorerst letzten Episode der VOG-Opera. Eine Episode, von der einige Mitglieder glauben, dass sie für Georg Kössler das Serien-Aus bedeuten muss. Auch in dieser Episode geht es um eine zerbrochene Beziehung und um neues Liebesglück, vor allem aber geht es um Geld. Die OG Fruchthof Überetsch, deren Obmann Georg
Kössler ist, und die OG Frubona OG Terlan bilden den Pool Bozen West. Bozen Süd besteht aus der OG Laurin, ein Zusammenschluss der Leiferer OG Kaiser Alexander und der Bozner OG Zwölfmalgreien, und der OG Grufrut Group. Nun ist die OG Laurin auf Brautschau.
Zu Beginn des Jahres diskutierte der Vorstand der OG Laurin bei einer Klausurtagung über die künftige Entwicklung der Genossenschaft. Obmann Urban von Klebelsberg schreibt am 29. April an die Mitglieder: „Im Verband steht ein Entwicklungsschub an, und die OG Laurin muss baldmöglichst entscheiden, welche Rolle sie dabei einnehmen möchte/sollte.“ Der Vorstand lotete aus, inwiefern ein Netzwerkvertrag bei „Zusammenführen aller Erlöse und Kosten“ mit einer oder mehreren Genossenschaften sinnvoll sei. „Dies würde sich auch positiv auf unser Projekt in Bozen Süd (…) auswirken“, schreibt von Klebelsberg. Mit Projekt Bozen Süd ist der Bau eines neuen modernen Obstmagazins in der Bozner Einsteinstraße gemeint.
Bei der Suche nach Partnern wurde die OG Laurin fündig: die OG Fruchthof Überetsch klimperte mit den Wimpern zurück. Die Gespräche über einen Netzwerkvertrag laufen noch, im Sommer 2021 könnte es so weit sein. Dafür müssten sie sich aber von ihren jetzigen Partnern trennen – und das sorgt für böses Blut. Etwa bei der OG Frubona Terlan.
Der Frubona-Verwaltungsrat wollte eigentlich wieder stärker mit dem Frucht-hof anbandeln. Aus dem Frubona-Umfeld heißt es, der Fruchthof habe auch Interesse gezeigt, gleichzeitig habe er sich aber mit der OG Laurin getroffen. Der Fruchthof ist zweigleisig gefahren, so der Vorwurf. Georg Kössler entgegnet, er habe dem Poolpartner die Laurin-Anfrage sofort mitgeteilt. Was für ein Beziehungschaos.
Kössler werden nun von unterschiedlicher Seite zwei Vorwürfe gemacht: Er treibe einen Keil in den Verband, dessen Zusammenhalt er eigentlich fördern sollte. Und in seinen Händen konzentriere sich zu lange zu viel Macht.
Georg Kössler nimmt die Kritik gelassen. Seit seiner ersten Wahl 2008 wende er all seine Kraft auf, um die VOG zusammenzuhalten. „Aber ich stelle mich intern jederzeit der Diskussion.“ Im November 2019 wurde er einstimmig zum Obmann gewählt, sein Mandat dauert bis 2022.
Seifenopern verlaufen nach immer demselben Muster: Jemand verliebt sich, es besteht die Gefahr, dass alles in die Brüche geht, kurz davor gibt’s ein Happy End.
Auch bei der VOG-Opera? Man weiß es nicht. Der Grundsatz lautet: Liebe vergeht, Hektar besteht.
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