Außensicht

Krampus: Der Teufel und der Sex

Aus ff 50 vom Donnerstag, den 14. Dezember 2023

Die Krampusse haben es nicht leicht. Besorgte Bürger rufen heutzutage die Ordnungshüter auf den Plan, noch bevor die Rute gezückt ist. Die Vorwürfe des „Blackfacing“ sind dabei noch Peanuts. Die schwarz angemalten Mohren, die vielerorts den Nikolaus und seine gehörnte Bagage begleiten, sind tatsächlich nicht mehr zeitgemäß und werden wohl bald aussterben. Das Rassismusthema hatten wir auch schon, und zwar 2019, als die Sterzinger Krampusse eine Anzeige riskierten, weil schlecht informierte Passanten ein schwarz angemaltes Opfer irrtümlicherweise für einen Migranten gehalten hatten.

Dabei sind die „Tuifltratzer“ ja Teil dieses etwas rohen, aber im Gegensatz zu den elenden Mercatini zumindest althergebrachten Brauches, der seine Wurzeln in den Klosterschulen des 16. Jahrhunderts hat. Und ausgerechnet ein Priester warf den Teufeln heuer „sexualisierte Gewalt“ vor. Ein Vertreter der katholischen Kirche, die selbst nicht zimperlich ist, wenn es ums Einreden von Schuldgefühlen und der Androhung grausigen Unheils geht, wenn christliche Tugenden, die von alten, bärtigen Männern gepredigt werden, nicht genauestens befolgt werden.

Nun will sich mir die sexuelle Komponente des Tuifltogs beim besten Willen nicht erschließen, aber vielleicht bin ich einfach nur ein bisschen naiv. Nur: Wenn ein Seelsorger den Tuifltag öffentlich zum Aufhänger nimmt, seine unbedachte Wortmeldung zu einem derart sensiblen Thema kundzutun, entlarvt er sich nicht nur selbst als doppelmoraliger Scheinheiliger, sondern erweist auch allen Opfern echter Gewalt einen Bärendienst.

Sexualisierte Gewalt ist nämlich, wenn jeden Tag ein neuer Frauenmord in der Zeitung steht und in Kriegsgebieten vor Europas Haustür Menschen gefoltert, vergewaltigt und umgebracht werden. Die falsche Verwendung des Begriffs führt zu einer Verharmlosung, die nicht nur gefährlich ist, sondern den Kampf dagegen sehr viel mühsamer macht.

von Bettina Conci | Schreibt Kolumnen, Kurzgeschichten, Kindgerechtes und Kontroverses