Außensicht

Das Handy im Theater: Düdeltüt

Aus ff 12 vom Donnerstag, den 21. März 2024

Letzthin war ich in Bozen im Theater, der Saal war voll besetzt. Es dauerte etwa eine Viertelstunde, bis ­passierte, was bei hiesigen Theaterbesuchen unvermeidlich ist: Ein Handy klingelte.

Nun hat man in diesem Fall zwei Optionen: Die erste ist kurz und schmerzhaft, man outet sich als der Dödel, der nicht imstande war, sein Telefon auszumachen, indem man das Versäumte eiligst nachholt, mit entschuldigendem Nicken in alle Richtungen. Das ist peinlich und erntet ­missbilligende Blicke, aber dann ist es gut. Leider entscheiden sich Handy-Ausschalt-Vergessende, auch in diesem Fall, meist für Variante zwei, die höchst riskant ist, weil ihr Gelingen von der Hartnäckigkeit des Anrufenden abhängt. Sie besteht darin, den Anruf mit steinerner Miene zu ignorieren, in der Hoffnung, dass das Gedudel schnell von alleine verstummt und das Dödel-Outing an einem vorübergeht.

Diese Variante funktioniert meistens nicht, wie ich als langjährige Theaterbesucherin berichten kann: Menschen, die abends jemanden anrufen, scheinen davon auszugehen, dass dieser Jemand eh nur auf seiner Couch herumgammelt und gefälligst rangehen soll, und sie lassen es nicht nur bis zum Anschlag durchklingeln, nein, sie rufen dann gleich noch mal an. Und noch mal. Spätestens dann wissen alle im Publikum, wessen Handy da klingelt, weil dieser Jemand immer noch, mittlerweile als einzige Person im Saal, so tut, als höre er oder sie nichts (man kann ja nicht mehr reagieren, nachdem man sich schon zehn Minuten lang taub gestellt hat), die Peinlichkeit ist also aufs Maximalste angestiegen, der Dödelfaktor enorm.

Das kann passieren, wir machen Fehler, wir schalten Handys nicht aus, weil die Dummen sind immer nur die anderen. Was allerdings unverzeihlich ist, ist, wenn auf ein solches Klingelgate das nächste folgt, in derselben ­Vorstellung. Oder, noch schlimmer: Wenn Menschen im Halbdunkel des Saals beginnen, auf ihrem Handy herumzuspielen, weil die Vorstellung sie nicht interessiert und sie dies trotzig zur Schau stellen müssen. Erwachsene! Bildungsbürgertum! Selten sind wir mehr Provinz als dann.

von Alexandra Kienzl | Kolumnistin, Englisch-Lehrerin und ehemalige ff-Redakteurin

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