Außensicht

Landesregierung: Nichtregierungspolitik

Aus ff 13 vom Donnerstag, den 28. März 2024

Eines der Risiken in meinem sonst risikoarmen Bahn- und Busfahrleben ist, dass man sich die Mitfahrer nicht auswählen kann. Das ist momentan ziemlich anstrengend. Kaum eine Fahrt, dass ich nicht die Frage gestellt bekomme: „Was glaubst du, wie lang wird’s der Kompatscher heben?“

Ich glaube, ich hab kein einziges Mal klar geantwortet. Müsste ich, würde ich sagen, bis zum Ende der Legislatur, 2028, was sonst? Aber ich merke jedem und jeder Fragenden an, sie erwarten sich gar kein Datum. Sie wollen nur reden. Ein bissl Kompatscher-Toto spielen wollen sie.

Fragen, wie lang eine Landesregierung hält: Das ist das Neue an Südtirols Politik 2024. Hat es noch nie gegeben. Plötzlich ist es Volkssport, und darum hochpolitisch. Ich hätte nach der rumpeligen Koalitions- und Regierungsbildung, bei der dem Landeshauptmann so viele Patzer passiert sind, auf Beruhigung und business as usual getippt. Ein bissl maulen, dann aber Ruh! Wir sind halt so, hab ich mir gedacht.

Aber weit gefehlt diesmal. Wir Südtiroler Volk vielleicht ja, aber seine Volksvertreter und deren Institutionen sind nicht mehr so wie gewohnt. Schon die Partei ist nicht mehr so. Einen Schmarrn hält Kompatscher und hält Achammer den Dieter Steger für jenen Obmann, der die SVP wieder befrieden wird. Sie geben dem Ehrgeizling nur die Chance zu beweisen, dass er es noch schlechter kann.

Und der Landtag, unsere Parlamentarier? Es sieht so aus, als müssten sie Parlamentarismus erst wieder lernen. Die Mehrheit scheint nicht mehr bereit, Verantwortung zu übernehmen. Der Sinn aller Politik ist doch, dass regiert wird. Da gibt’s aber Abgeordnete, die mitregieren und gleichzeitig opponieren wollen. Der notwendige Konsens wird immer öfter im Nichtregieren gefunden werden. Das ist Verantwortungsunterlassung.

Die Opposition, auch das eine Neuheit, tritt erstaunlich geschlossen auf. Sie macht ihren Job. Wenn auch manchmal nur zum Zwecke des größeren Übels. Am Ende rettet noch sie den Kompatscher.

von Florian Kronbichler | Journalist, ehemaliger Chefredakteur der ff

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