Kunst – Fabian Feichter: (gm) Fabian Feichter (geboren 1986, er lebt in München) hüllt seine Arbeiten (Stadtgalerie Brixen; bis ...
Außensicht
Corona-Aufbereitung: Mea Culpa
Aus ff 20 vom Donnerstag, den 16. Mai 2024
Werden Sie sich entschuldigen?“, wollte der Tagesschau-Redakteur vom Landeshauptmann wissen. Es ging um die Aufarbeitung der Pandemie, und ja, der Befragte zeigte Bereitschaft, Fehler zuzugeben. Nun mag die Vorstellung von einem Landeshauptmann, der auf Knien auf dem Landhausplatz herumrutscht und „Mea Culpa!“ ruft, bei einigen Genugtuung hervorrufen; ein Allheilmittel ist es nicht. Es ist einiges schiefgelaufen, es gab Maßnahmen, die kaum Sinn ergaben, bestimmte Personengruppen härter anfassten als andere, die aus heutiger Sicht absurd wirken. Aber: Man wusste es nicht besser. Im Zweifelsfall lieber hart durchgreifen und Leben schützen, als lugg lassen und Menschen gefährden.
Viel nötiger, als Entschuldigungen zu fordern von den Verantwortlichen, die ja nicht aus Jux gehandelt haben, wäre es, die Gräben zuzuschütten, die sich in Familien, in Freundes- und Bekanntenkreisen aufgetan haben. Dafür aber muss jede*r von uns unbequeme Gewissenserforschung betreiben: Wie war meine Rolle in der Corona-Zeit? Habe ich die Befürchtungen und Zweifel anderer wahrgenommen? Habe ich meine Freiheit über die Unversehrtheit anderer gestellt? Habe ich Standpunkte vertreten, ohne nach rechts oder links zu schauen, andere damit verletzt?
Man muss keine Fake News akzeptieren, sehr wohl aber die Ängste anderer ernst nehmen. Gefühle lassen sich manchmal nicht wegargumentieren. Und wenn die Grünen-Abgeordnete Brigitte Foppa bemerkt, Corona habe ein kollektives Trauma verursacht, so muss man doch differenzieren: Spaß gemacht hat es keinem von uns, doch nicht alle haben gleich gelitten. Wer einen Angehörigen allein in den Tod gehen lassen musste, wer gravierende psychische Probleme entwickelt hat oder um seine wirtschaftliche Existenz fürchten musste, hat ungemein mehr mitgemacht.
Deshalb braucht es Projekte, bei denen Menschen erzählen und zuhören können, sie Raum bekommen, und nicht ein Zettelwerk aus Studien und Umfragen. Ansonsten spielen wir denjenigen in die Hände, die sich als verhinderte Helden der Pandemie inszenieren und sich die nicht verheilten Verletzungen von Menschen skrupellos zunutze machen.
von Alexandra Kienzl | Kolumnistin, Englisch-Lehrerin und ehemalige ff-Redakteurin
Weitere Artikel
-
-
Der lange Weg zum Pass
Lawinen, Wetterkapriolen und Zeitdruck: Die Schneeräumung der Stilfserjochstraße ist Jahr für Jahr ein gefährlicher Kraftakt.
-
Karl, der Schneidige
Restaurant „Schöneck“, Pfalzen: Karl Baumgartner führt seit Jahrzehnten mit italienischer Grandezza, japanischer Leichtigkeit und Alt-Tiroler Humor eines der besten Gasthäuser des Landes.
Leserkommentare
Kommentieren
Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.