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Außensicht
Spaltung der Gesellschaft: Heimweh nach Sammelpartei
Aus ff 21 vom Donnerstag, den 23. Mai 2024
Ein Unwort schießt ins Kraut. Es heißt „spalten“. Wir reden nur noch von „spalten“ und meinen damit nicht Holz spalten. Dafür haben wir das schönere, weil kräftigere Wort „klieben“, und im Übrigen ist auch diese bäuerliche Arbeit inzwischen wegmechanisiert worden vom Holzspalter, was eine Maschine ist.
Wir reden hier von „spalten“ in einem gesellschaftlichen Sinn. Wer immer heute etwas sagt, was jemand anderm nicht passt, muss mit dem Vorwurf rechnen, dass er „die Gesellschaft spaltet“. Das jüngste Beispiel war, dass der Landtagsabgeordnete Köllensperger die Einführung einer Art Tourismuspfennig für Gastbetriebe vorschlug. Verständlich, dass der Hoteliersverband das für Unfug hält. Aber das einfach so zu sagen, reicht dem Oberhotelier Pinzger nicht mehr. Früher hätte er es wahrscheinlich so gesagt. Heute sagt er feierlich, „der Köllensperger spaltet die Gesellschaft“.
Alle reden inzwischen so. Hast du kein Argument oder, öfter, keine Lust, dich auf dein Gegenüber einzulassen, haust du ihm einfach „Gesellschaftsspalter“ vor den Latz, denn das zieht momentan am besten (nach Covid und dem Krieg vielleicht, die noch hilfreichere Debattentöter sind). Im Südtiroler Landtag wird das Unwort bereits von jeder Fraktion gegen jede andere zum Einsatz gebracht. Dagegen sein heißt spalten. Oder polarisieren. Meine Brigitte Foppa wollte fast nicht nach Europa, so sehr glaubte sie, daheim parteiübergreifend Spalter-Kollegen einhüten zu müssen.
Aber es ist nicht nur im Landtag so, dass streiten, zurückreden oder auch nur diskutieren gleich in den Ruch des Spaltens, also des Zerstörens, kommt. Wie empfindlich wir doch geworden sind. Auf hundert „Tischen“ muss inzwischen auf „rote Linien“ achtgegeben werden. Ja nichts beim Namen nennen! Bei der sogenannten Corona-Aufarbeitung schwingt über jeder Seite der Knüppel: Obacht, „Spaltung der Gesellschaft“! Ich wittere neues Heimweh nach Sammelpartei.
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