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Außensicht
Ulli Mair und der Quästor: Freund und Helfer
Aus ff 36 vom Donnerstag, den 05. September 2024
In Eigen-PR besonders geschickte Südtiroler Politiker erkennt man in der Regel an drei Eigenschaften. Erstens beginnen ihre Pressemitteilungen immer mit einer beherzten Emotion („zeigt sich entsetzt“, „erfreut“, „erschüttert“). Zweitens enden sie immer mit einem idiotensicheren „sagt er abschließend“, damit man weiß, dass fertig ist. Und drittens zeigt das Foto immer die passende Requisite. Das kann ein „Tiroler Merkheft“ sein, wie es die Süd-Tiroler Freiheit jüngst präsentierte, als Schutzwall gegen „irgendwelche linken Lehrer“. Oder, auch bei Linken beliebt: ein taktisches Blümchen zum 8. März, damit man im Restjahr wieder gegen Frauen stänkern darf.
Auch Ulli Mair, Landesrätin für Sicherheit, Alarmanlagen und Küchenmesser, hat ein Requisit, das sie auf Fotos begleitet, das ihr Kraft gibt und Halt. Es ist Anfang 60 und hört auf den Namen Paolo Sartori. Auf manchen Bildern schütteln sich Mair und ihr Requisit die Hand, auf anderen diskutieren sie angeregt. So viele Schnappschüsse sind es, dass auch die Botschaften zunehmend redundant werden: Ein halbes Dutzend Mal forderte Mair seit Sartoris Antritt schon „Solidarität“ mit Quästor und Beamten, „ein weiteres Mal“, schrieb die Tageszeitung vor Kurzem, stelle sie sich hinter ihn, als stünde sie nicht eh schon da. Auf dem jüngsten von Mair geposteten Bild, einer selbst gebastelten Fotomontage, schwebt sie in Uniform und Engelsflügeln über KI-generierten Polizisten – als „Schutzheilige der Polizei“. Halleluja.
Dieser Exekutiv-Fetisch ist einerseits gelernte Oppositionspraxis. Wer ein Leben lang um mediale Aufmerksamkeit kämpfen musste, geht auch als Landesrätin im Zweifelsfall nicht dorthin, wo die Probleme, sondern wo die Kameras sind. Als Wähler kann man nur hoffen, dass sich die beiden Dinge hin und wieder überlappen. Andererseits stellt man natürlich die Frage: Wer schützt hier eigentlich wen? Wer ist Freund, wer ist Helfer? Ulli Mair steht hinter, neben, vor der Polizei und schwebt drüber, Sartori hat „Rücken“, wie man in Clanfamilien sagt. Aber zur Wahrheit gehört auch: Die meisten Helikoptereltern brauchen ihre Kinder mehr als umgekehrt.
von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg
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