Außensicht

Post-Misere: Am Briefkasten liegt’s

Aus ff 47 vom Donnerstag, den 21. November 2024

Post-Misere

Am Briefkasten liegt’s

Klar würde ich lieber schreiben, was die Welt bewegt: die aufgebesserten Politikerrenten, die Cara­maschi-Entsorgung, den Stefan-Konder-Bluff – so Spektakuläres halt. Aber ich mache die Erfahrung: Das Liebste sind meinen Lesern (m-w-d) die kleinen Geschichten. Also schäme ich mich nicht, sie zu schreiben.

Über die Post zum Beispiel. Jetzt bitte nicht gleich aufhören zu lesen. Es kommt ganz anders als vorstellbar. Da läutet’s bei mir kürzlich. „Posta!“ da. Fast nicht zu glauben, es gibt sie noch. Der Briefträger kommt. Froh gestimmt geh ich dem seltenen Besuch entgegen und sehe ihn schon an der Briefkasten-Reihe im Hof werkeln. Dumpf stopft er Zeitungen, ff-en, Bezirksblätter und allerhand Werbeglump in den Schlitz. Und sagt im Weggehen: „Richten Sie sich doch einen größeren Briefkasten.“

Kapiert? Das Problem ist nicht die Post. Die kommt ja nicht. Es liegt am Briefkasten. Denn wenn das, was einmal „die Post“ war, verspätet doch eintrifft, ist Verstopfung unvermeidlich. Wir im Haus haben gediegene Briefkästen, Eisenkassetten mit einer Deckplatte, dass es Kinderfinger bei unbefugter Handhabung plattpressen würde. Ein Werk der dereinst glorreichen Toblacher Schmiede-Meisterei Lanz (bevor Juniorchef Gert ins Politgeschäft umsattelte).

Und dieses gute Stück soll jetzt die Misswirtschaft der „Poste Italiane“ ausbaden? Kein normaler Briefkasten kann auf einmal aufnehmen, was sich in den Lagern (oder auf den Irrwegen) der Post wochenlang und länger angestaut hat. Ich stelle demnächst einen Müllkübel hin. Ist eh das meiste schon Altpapier, wenn es eintrifft. Letztes Mal waren zwei ff-en zugleich dabei: die eine nur einen Tag, die andere eine Woche und einen Tag verspätet. Das Land hat den „Poste Italiane“ kürzlich einen Batzen Euro-Millionen hi­­nübergeschoben. Gegen Versprechen zu Pünktlichkeit. Selber schuld. Ich will mich nicht mitschuldig machen, ich werde streiken. Die Vorstellung, ungelesen im Altpapier-Kübel zu landen, ist mir unerträglich.

von Florian Kronbichler | Journalist, ehemaliger Chefredakteur der ff

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