Jänner-Dessert-Trilogie: Immer, wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Nachspeisele daher.
Außensicht
Der Fall Hager-Benko: Kein Schwein hört mich ab!
Aus ff 01 vom Donnerstag, den 02. Januar 2025
Wenn Südtirols Historiker einmal auf den Dezember 2024 zurückblicken, werden sie sich an eine Zeit erinnern, in der niemand genau wusste, wer dieses Land regiert. Die Volkspartei und ihre Granden? Die Touristiker und ihre Lobbys? Oder doch, Mamma mia, die Mafia? Sie werden von Padrino René schreiben, vom Consigliere mit der hageren Hand und Angeklagten, die ihre Adventszeit im Nadelstreif einer mafiösen Vereinigung verbrachten. Man wird mit Verachtung zurückblicken oder mit Mitleid (je nachdem, was die Richter sagen) – nur an die wahren Opfer wird mal wieder keiner denken.
Denn wo das Verbrechen regiert und die Presse über 1.168 Seiten süffige Ermittlungen frohlockt, gibt es immer auch Verlierer: jene Menschen, die von niemandem abgehört werden. Stellen Sie sich das mal vor: Sie sind ein gehobener Bürger dieses Landes, Sie sind mit einem Landesrat per Du. Sie haben schon mal einem Lions-Club-Vorstand die Hand geschüttelt und einen Leserbrief publiziert. Und trotzdem tauchen Sie in keinem Skandal auf? Nicht bei Sel und Sad, nicht als „Freund im Edelweiß“, nicht bei der „Benko Nostra“? Waren Sie überhaupt je ein Südtiroler VIP?
Ich weiß von diesem Leid, mir geht es selbst nicht anders. Als ich die Akten bekam und verzweifelt meinen Namen suchte, fand ich: nichts. Dabei ist alles, was der Mensch sich wünscht, ein offenes Ohr! Ich möchte auch wie Investigativjournalist Christoph Franceschini sein, mich für meine anrüchigen Freundschaften rechtfertigen wie ein Ehemann, der beim Fremdgehen erwischt wird: „Klar hab ich deine Schwester flachgelegt, aber der wahre Skandal ist, dass du in mein Handy schaust!“ Aber nein, nichts da: Kein Schwein hört mich ab, keine Sau ermittelt nach mir.
Wenn Sie diese Kolumne lesen, liebe Ermittler, merken Sie sich Folgendes: Auf meinem Handy sind Sie immer willkommen. An mafiösen Verschwörungen arbeite ich noch – schon jetzt biete ich aber ein tolles Rezept für Tante Ursulas Joghurtkuchen! Wenn Sie es lesen wollen, schauen Sie doch vorbei. 2025 könnte unser Jahr sein.
von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg
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