Literatur – Behzad Karim khani: (gm) „Du warst fünf“, schreibt Behzad Karim Khani, „die Buchstaben gehorchten dir nicht. Du ...
Außensicht
Medien: Wie im Paradies
Aus ff 09 vom Donnerstag, den 27. Februar 2025
Es gibt ein Genre der Berichterstattung, das mich regelmäßig zwischen Stolz und Fremdscham oszillieren lässt: Es nennt sich „Promi XY macht Urlaub in Südtirol“, und okay, dass Brad Pitt hier war, hat auch mich nicht kalt gelassen: Peinlich berührt erinnere ich mich an Hennenstall-Einsperr-Fantasien, die seine Abreise verhindern sollten. Ja, wenn jemand Südtirol toll findet und dazu noch einen relativen Bekanntheitsgrad vorweisen kann, dann ist es um uns geschehen. Wie eine Landpomeranze, die Aufmerksamkeit vom Stadtler kriegt, erröten wir freudig und lassen jegliche kritische Distanz fahren. Da spielt es auch keine Rolle, wenn der Urlauber dem Dunstkreis eines verurteilten angehenden Autokraten entspringt.
Vergangene Woche interviewte Rai Südtirol den US-Anwalt John Lauro, der in Südtirol Ski fahren geht und den amtierenden US-Präsidenten im Prozess um den Sturm auf das Capitol verteidigt hat. Wobei „interviewen“ ein großes Wort ist: Lauro durfte berichten, dass es hier sei wie im „paradise“, dass er schon öfter da war, Südtirol in den Staaten noch ein Geheimtipp sei, aber das werde sich bald „dramatically“ ändern. Wow, awesome! So angetan war man von seinem Lobgehudel, dass er uns unwidersprochen ein wenig Trump-Narrativ unterjubeln durfte: Das Verfahren habe den Zweck gehabt, Trumps Kandidatur zu verhindern; glücklicherweise habe man gewonnen, und dann habe Donald auch noch die Wahlen gewonnen, good for him! Moment, Mr Lauro, hätte man an dieser Stelle einwenden können, wäre man nicht durch Bauchpinselung willenlos gemacht worden: Das Verfahren gab es wegen eines versuchten Staatsstreichs mit fünf Toten, und es wurde eingestellt, WEIL Trump wiedergewählt wurde (Immunität!); nicht etwa, weil man ihn für unschuldig befand.
Aber wer Südtirol liebt, den lieben auch wir, bedingungslos, also fragt man, wie die Knödel schmecken, und nicht nach unangenehmen Sachverhalten. Dabei haben wir das gar nicht nötig: Dass das Essen gut und die Landschaft fantastisch ist, wissen wir doch selbst. Und wenn die Einwohner nun auch noch ein wenig mehr Rückgrat entwickelten, dann wäre es wirklich paradiesisch.
von Alexandra Kienzl | Kolumnistin, Englisch-Lehrerin und ehemalige ff-Redakteurin
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