Deutschland hat gewählt und die AFD ihre Stimmen verdoppelt. Was daran so gefährlich ist und was dagegen zu tun ist. Ein Essay von Ulrich Ladurner
Außensicht
Tourismus: Ein Bett im Kornfeld
Aus ff 09 vom Donnerstag, den 27. Februar 2025
Was macht ein Mensch wie Arnold Schuler, wenn er nachts nicht schlafen kann? Ich stelle mir gern vor, wie er auf seiner Matratze liegt und geduldig beginnt zu zählen: ein Bett, zwei Betten, drei Betten, die in ein Hotelzimmer hopsen. Hier ein Lattenrost, dort ein Federkern, alle betthupferln nach und nach über die Türschwelle, doch anstatt friedlich hinfort zu schlummern, schreckt Schuler plötzlich schweißgebadet hoch: „Herrschoftszeiten, jetzt hon i mi verzählt!!!“
Ein Albtraum? Nein, Realität. 2023 hat Südtirol einen Bettenstopp angekündigt, es klang nach einer Knallhart-Maßnahme, vergleichbar mit den Corona-Lockdowns: Wer jetzt kein Bett hat, baut sich keines mehr, wer jetzt ohne Touristen ist, wird es lange bleiben. Zwei Jahre später feiert das Bettenparadies fröhliche Urständ: 260.000 Gelegenheiten hat ein Reisender, um sich in Südtirol hinzulegen, so viele wie noch nie. Und Schlafwandler Schuler verzweifelt ob der schieren Masse. „Es war der Überblick über die Entwicklung verloren gegangen“, sagt der Ex-Landesrat.
Also geht das Zählen von vorne los: 24.000 „Zustellbetten“, die nachgemeldet wurden. Und 8.000 „Vorschussbetten“, die vorgemeldet wurden. Und Tausende Betten für Gemeinden sowie für ausgewiesene Zonen, mehr Betten als beim XXXLutz. Aber keine Sorge, sagt Schuler, es gebe womöglich auch ein Minus, bei jenen Schlafstätten, die keine mehr sind – Ex-Betten sozusagen. Vielleicht kriegt ja auch das Bett im Kornfeld endlich ein Formular.
Klingt alles schön, aber jetzt ist es Zeit für härtere Maßnahmen: Die Verbreitung wurde nicht gestoppt, weil sich diese verdammten Betten exponentiell vermehren. Wir brauchen also dringend Abstandsgebote und FFP2-Betten, ab sofort sollen Luftmatratzen nicht mehr auf Straßen unterwegs sein. Möbel- und Einrichtungshäuser müssen in den Lockdown, Tischlereien dürfen an ungeraden Tagen Essstühle produzieren – aber Chaiselongues sind tabu, zumindest bis zur ersten Impfung. Bitte setzen Sie das um, Herr Schuler, sonst muss ich annehmen, dass es Ihnen nicht um den Schutz des Südtiroler Wohnraums ging. Sondern um starke Sprüche und Fünf-Sterne-Durchseuchung.
von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg
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