Studie – Jugend und Gewalt: (doc) 15- bis 19-Jährige in Italien neigen häufiger zu Gewalttaten als noch vor wenigen Jahren. Das ...
Außensicht
Schwarzarbeit: Der Wurm ist drin
Aus ff 15 vom Donnerstag, den 10. April 2025
Was ist Südtirols erfolgreichstes Exportgut? Speck und Sehnsucht, Spatzen und Wein? Nein, von all den Dingen, die wir in die Welt karren, ist das wirkmächtigste Produkt ein kleines, viereckiges Pickerle. Mal steht „Südtiroler Apfel g.g.A“ drauf, mal „Qualitätszeichen Südtirol“ und weil wir gefühlt alles, was Brenner oder Klause überquert, mit Aufklebern versehen, stehen die Gratulanten Schlange, wenn einer davon Geburtstag hat.
„Im Gegensatz zu vielen anderen Labels, die nicht immer halten, was sie versprechen“, biete das seit 20 Jahren geklebte Qualitätszeichen echtes „Vertrauen“, sagte jüngst ein Konsumforscher den Dolomiten. Und anders als in Restitalien mit seinen billigen „Marketinglabeln“ stehe das Südtiroler Siegel für „echte Qualitätskontrollen“.
Vertrauen ist gut, Kontrolle noch besser, das haben unsere Werber klug erkannt – und man weiß es auch bei der Finanzpolizei. Zum Frühlingsbeginn tauchten deren Beamte unter anderem auf Bauernhöfen in Neumarkt auf und fuhren reiche Ernte ein: Bei 700 Arbeitsverträgen fanden sie 488 „Unregelmäßigkeiten“, zu Deutsch: Schwarzarbeit, unter der Hand bezahlte Stunden, gesparte Sozialbeiträge und einen Schaden von insgesamt 700.000 Euro.
Nun weiß man aus der Bibel, dass beim Obstklauben die Sünde nie weit ist, aber das Ausmaß erstaunt doch. Was muss nur Quästor Sartori denken, angesichts dieser Kriminalitätsexplosion? Kein Flüchtling, kein Suff-Maturant hat die Allgemeinheit je eine Dreiviertelmillion Euro gekostet – was wird jetzt also mit diesen Bauern passieren? Werden sie ausgewiesen, ohne Rückfahrt und Qualitätssiegel?
Sagen wir so: Im Garten Eden ging es strenger zu. Im Herbst 2024 gab es ein paar Strafen, wegen 230 Schwarzarbeitern. Und im Jahr davor. Und davor. Und davor, als ein Leiferer Bauer fünf Bulgaren in einem feuchten Untergeschoss ohne Klo einquartierte und ohne Pause arbeiten ließ. Was es nicht gab, war ein neues Pickerle, um die guten von den faulen Äpfeln zu unterscheiden. Dabei wäre das dringend nötig. Vielleicht ginge ja „g.g.A. – garantiert gesetzliche Arbeitsverträge“?
von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg
Weitere Artikel
-
-
In der DDR
Literatur – Christoph Hein: (gm) Christoph Hein ist der Chronist der untergegangenen Deutschen Demokratischen Republik. Schon ...
-
Die Zukunft des Reisens
Ausstellung: (ml) Das Touriseum im Schloss Trauttmansdorff ist seit vergangener Woche wieder geöffnet – und widmet eine ...
Leserkommentare
Kommentieren
Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.