Außensicht

Mensch & Maschine: Kling, klang, Kontrollzwang

Aus ff 16 vom Donnerstag, den 17. April 2025

Klock, klock, klock. Die Münzen prasseln auf ­Plastik – klingt so Fortschritt? Da stehe ich, in einer Bar mitten im Dorf, mit meinem Kaffee in der einen, der offenen Brieftasche in der anderen Hand und schaue dem Kellner zu. Er hat das Geld, mit dem ich bezahlt habe, in die Maschine geschoben und wartet, dass sie den Rest zurückgibt. Der geschuldete Betrag ist schon von der Registrierkasse übermittelt worden.

Diese Geld-Raus-Geb-Maschine ist schon seit einigen Wochen hier, aber heute bin ich in der Stimmung nachzufragen, warum eigentlich. Diese Maschine sei zuverlässiger, sagt der Kellner knapp, ohne den Blick von ihr abzuwenden. Klock, klock, klock, schon kommt das Wechselgeld raus, auf den Cent genau. Zehn Sekunden später drückt er es mir in die Hand und wendet sich der nächsten Kundin zu. Und ich stehe da, mit meinem Kaffee und einem Haufen Münzen.

Schneller und korrekter geht’s so sicher. Logisch, ohne Maschine stimmt das Wechselgeld nicht immer, mal gibt es einen Euro zu viel, mal einen zu wenig. Aber es war persönlich, irgendwie menschlich. Jetzt regiert der Automat. Zuverlässig und korrekt – ein unbestechlicher Wachhund aus Plastik und Metall. Zählen die Kellner wirklich so schlecht? Oder steckt dahinter etwas anderes: Kontrolle? Vertrauen die Chefs ihren Angestellten nicht mehr?

Und was bleibt vom Kellner? Er ist degradiert zum Assistenten der Maschine. Kein Kopfrechnen, kein Grinsen mehr, wenn es Trinkgeld gibt. Der Automat kontrolliert, zählt, überwacht. Aber ist das wirklich Fortschritt? Oder nur Misstrauen in schöner Verpackung?

Mit meinem Kaffee und dem Wechselgeld gehe ich ­hi­­naus und zähle doch noch mal nach. Aus Gewohnheit – und weil ich meinem Kopf am Ende doch mehr vertraue als der Maschine.

von Karin Köhl | Nachrichtenredakteurin bei Rai Südtirol und freie Journalistin

Leserkommentare

Kommentieren

Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.