ZUTATEN Für 4 Personen 5 EL Samenöl 1 Schalotte 320 g Vollkornreis 220 g Erbsen (tiefgekühlt) 800 ml warme Brühe (auch ...
Außensicht
Sprache: Zweifelscheißer
Aus ff 17 vom Donnerstag, den 24. April 2025
Anfangs hab ich mich ja verlesen, weil die Wahrheit unvorstellbar war: Da hatte der Karl Zeller beim Sonderparteitag zur Autonomiereform doch tatsächlich Kritiker derselben als „Zwiebelschneider“ betitelt – Zwiebelschneider? Nein, schlimmer, viel schlimmer, beim nochmaligen Lesen offenbarte sich seine Wortwahl in ihrer Ungeheuerlichkeit: „Zweifelscheißer“ hatte er skeptische Alt-Mandatare genannt, ZWEI-FEL-SCHEI-SSER.
Ich war fertig mit der Welt. Hatte hier vielleicht ein Journalist schlecht gehört, fantasiert? Aber nein, gleich mehrere Berichte bestätigten, wie auch von mir befragte Augen- oder Ohrenzeugen. Wo waren Stil und Klasse an diesem Abend? Offensichtlich nicht im Haus Voitsberg in Vahrn.
Ich recherchierte also, und erfuhr: Erstens, der Begriff war keine Wortbildung des Herrn Z. (wofür ich insgeheim, trotz Empörung, bereits eine gewisse Anerkennung gehegt hatte), sondern stammt aus dem Oberösterreichischen. Und zweitens war es nicht das erste Mal, dass der Ex-Senator den Begriff verwendete, um lästige Skeptiker abzukanzeln. Bereits 2016 hatte er einen Parteikollegen, der Vorbehalte gegen die Renzi-Reform geäußert hatte, mit dem Attribut bedacht; nun hatte es ebendieser in Vahrn erneut an den Kopf geworfen bekommen.
Nun mag ich mich nicht zu sehr echauffieren, obwohl das Wort natürlich fürchterlich ist: Vereint es doch den Zweifler mit dem Hosenscheißer, fusioniert den Zögerlichen mit dem Feigling; es ist beileibe kein Kompliment und ganz gewiss keine Art, mit Andersdenkenden umzugehen. Und doch kann ich nachempfinden, was Zeller linguistisch geritten hat: Es liegt geschmeidig im Mund und lässt sich doch trefflich herausspeien, transportiert mit verächtlichem Zischen und vernichtendem Schäumen Geringschätzung.
Zeller habe sich entschuldigt, ließ einer der Getroffenen wissen, und daran hat er gut getan: nicht nur, weil ein Mann, der etwas auf sich hält, so nicht in der Öffentlichkeit sprechen sollte, sondern auch, weil es sie braucht, die Zweifelscheißer: Als Gegengewicht zu den – wie mag man sie nennen? – Behauptungsrülpsern sind sie nicht nur in einer Sammelpartei dringend vonnöten.
von Alexandra Kienzl | Kolumnistin, Englisch-Lehrerin und ehemalige ff-Redakteurin
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