Außensicht

Zeller und die Trikolore: Couragiert unklug

Aus ff 22 vom Donnerstag, den 29. Mai 2025

Wie die Zeiten sich doch nicht ändern. Vor 50 Jahren, ich war SH-Vorsitzender, traf es mich, beim Rektor der Universität Padua amtlich zu protestieren: Sein Professor für Kirchenrecht (ausgerechnet der!) hatte einem Südtiroler Studenten beim Prüfungsgespräch „una pronuncia da maso chiuso“ bescheinigt. Um den Fortgang der Prüfung nicht zu gefährden (der Kollege bestand sie), protestierte er nicht. Das zu tun, bat er hinterher mich. Bei einem späteren Treffen sprach ich den Rektor darauf an. „Na und? Sagt man halt so“, sagte er.

Die Episode fiel mir wieder ein nach den „Affären“ Jannik Sinner und Katharina Zeller. Dem einen wirft ein Altjournalist mangelndes Italienertum vor, der anderen ihr Altbürgermeister fehlenden Respekt davor. Ich koche die Soße nicht noch mal auf. Nur den beiden beleidigten Protagonisten zum Trost sei gesagt, der Spott trifft immer nur die Besten, die Sieger eben.

Was ist doch am Italienisch unseres Gustav Thöni he­rumgewitzelt worden, sprachlich wie kulinarisch („Reisch mit Schousch“)! Deshalb: nur durchhalten! Was anfangs anstößig ist, wird bald zur Marke. Freilich sollten wir achtgeben und nicht selber verblöden. Da stellt der Rai-Südtirol-
Redakteur dem Anwalt Nicola Canestrini die dümmste aller Italiener-Fragen, nämlich: „Als was fühlen Sie sich ‚eigentlich‘“?, und lässt dem eitlen Honorarpatrioten die Antwort durchgehen, er sei Südtiroler, „natürlich“, aber „eigentlich von der Welt“. Europäer reicht nicht mehr.

Der Trikolore-Unfall wird der jungen Bürgermeisterin nicht schaden. Maulen sie halt einmal alle. Schaden nehmen dürfte jene bestimmte Südtirolpolitik, wie sie grad im Schwange ist. Für Kompatschers Strategie des Wohlverhaltens „zum Zwecke“ könnte sich die kathrein’sche Geste leicht zur Watschn verkehren. Früher hätte sie als couragiert gegolten. Heute, da Kuscheln mit Meloni und ihren Parteien zum Zwecksystem erhoben ist, ist es unklug. Unsere Autonomie-Reform muss demnächst durchs Parlament. Da wird dann viel über Meran die Rede sein.

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