Außensicht

Bozner Gefängnis: Die Caramascheriade

Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi – jetzt, post festum, kann man es ja sagen – war kein humoriger Mitmensch. Doch wenige Wochen vor seinem unfreiwilligen Verschwinden aus dem Amt hat er mich versöhnt: Der Mann hat Witz. Er kann auch nett sein. ­Landeshauptmann Arno Kompatscher hatte soeben die Errichtung eines Abschiebezentrums in Bozen angekündigt und bei der Gelegenheit zum x-ten Mal den Neubau des Gefängnisses versprochen. Beides würde in sinnvoller Nachbarschaft nahe dem Flughafen entstehen.

In derselben Nachrichtensendung auf Rai Südtirol befragte die Redakteurin auch den Bürgermeister zur Angelegenheit: Wann endlich mit dem Neubau des Gefängnisses begonnen werde, wollte sie wissen. Da neigte sich Herr Caramaschi, was sonst nicht seine Art ist, fast väterlich zu der Redakteurin hin, und statt auf ihre Frage zu antworten, fragte er selbst in samtenem Deutsch: „Glauben Sie, dass das neue Gefängnis gebaut wird?“

Der Redakteurin verschlug es die Stimme. Der Bürgermeister, jetzt ganz Vater, neigte sich noch ein Stück näher zum Mikrofon der inzwischen ganz klein gewordenen Redakteurin hinab und sagte noch samtener: „Ich glaube das nicht.“ Und lächelte diebisch.

Ich glaube nicht, dass ich die geschilderte Episode überinterpretiere, wenn ich behaupte: Sie war das Ende von der Mär eines Gefängnis-Neubaus von Bozen. Es wird nichts damit. Jedenfalls nicht in politisch berechenbarer Zukunft. Und so als ob dieses caramaschische Amen nicht schon Aus genug wäre, kommt für alle zerknirschten Kerker-Pilger, vom Landeshauptmann bis zum Bischof und sämtlichen Amateur-Inspektoren, wie zum Spott, jetzt die überraschende Sanierung des alten Kerkers hinzu.

Was ein halbes Jahrhundert lang verschlampt, verdrängt, verspekuliert wurde, plötzlich geht’s zack zack. Der alte Kerker strahlt schon in neuem Glanz. Die Fassade in Kaisergelb fast, und drüber rot leuchtend das neu gedeckte Ziegeldach. Die alte Hütte am Talferstrand, außen und innen saniert – zum Abriss? Wär definitiv ein Bozner Schilda.

von Florian Kronbichler | Journalist, ehemaliger Chefredakteur der ff

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