Außensicht

Magnago, Langer, Kaser: Einfallslosigkeit

Aus ff 26 vom Donnerstag, den 26. Juni 2025

In Südtirols Prominentengräbern herrscht momentan großes Drunter und Drüber. Der Zufall will es, dass drei verstorbene Berühmtheiten oder deren Werk gleichzeitig aus der Vergessenheit geholt werden. Die drei verbindet die wenig originelle Gemeinsamkeit eines runden Todes- beziehungsweise Erscheinungsjahres. Den Altlandeshauptmann Silvius ­Magnago würdigt die Stiftung seines Namens zum 15. Todesjahr. Alexander Langer, dem Allzeitbedachten, werden zu seinem 30sten ein paar zusätzliche Bücher gewidmet. Und schließlich n.c. kaser: Selber zweimal durch die Matura geflogen, wird eins seiner Gedichte 50 Jahre später Matura-Programm. So weit, so Südtirol.

Kurioser ist, dass allen dreien rund um ihre Sterbe­jubiläen die Grabesruhe gestört wird. Und das bezeichnenderweise von ihren vorgeblichen Erinnerungsverwahrern. Wittern diese irgendwelche Schramme am Bild, das sie von dem Toten in sich tragen, melden sie gleich: Der Magnago, der Langer, der Kaser, je nachdem, „würde sich im Grab umdrehen“. Es ist die Höchststrafe, die Nachfahren erteilen können: jemanden „sich im Grab umdrehen“ lassen. Beim Altlandeshauptmann sah diesen Strafbestand sein ehemaliger Pressemann Perwanger gegeben, als ein Nachfolge-­Landeshauptmann sich erlaubte, den Adler im Landeswappen ein bissl grafisch zu putzen.

Was für Magnago nicht recht ist, kann für Langer nicht billig sein. Zu Lebzeiten nur minderheitlich beachtet, wächst seine Gebetsliga seit dem Tod und wird mit dem
30. Todestag kommenden 4. Juli nicht aufhören. Unvermeidlich frisst sich die Langer-Bewunderung inzwischen weit ins ehemals feindliche Lager hinein. Langer-Urfreunde macht das eifersüchtig, und empört stimmen sie ihr „Alex würde sich im Grab umdrehen“ an.

Und auch Norbert C. Kaser rotiert angeblich im Grab. Er musste das schon, als wir vor drei Jahren sein Kinderzimmer auf Schloss Bruneck ausstellten. Die Kaser-Fan­gemeinde war entsetzt. Der Kaser am Schloss! Beim Messner! „Der Norbert würde sich im Grab umdrehen.“ Tut er nicht. Sein „lied der einfallslosigkeit“ schafft die Matura.

von Florian Kronbichler | Journalist, ehemaliger Chefredakteur der ff

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