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Außensicht
Galateos Gewicht: Abgespeckt
Aus ff 33 vom Donnerstag, den 14. August 2025
Journalisten und Politiker verhalten sich zueinander wie toxische Ehepartner: Sie keifen, sie brauchen einander, sie werfen sich vor, immer nur zu kritteln, statt zu loben – und wenn sie doch mal länger sprechen, geht es sofort um die Kilos. Marco Galateo zum Beispiel hat in den vergangenen eineinhalb Jahren viel politisches Gewicht gewonnen und viel körperliches verloren: 32 Kilogramm, um genau zu sein. Wir wissen das so genau, weil der Alto Adige nachgefragt hat: Auf einer ganzen Zeitungsseite (mit Vorher-Nachher-Bildern) wurde er nach heißen Diät-Tipps gefragt, als wäre er nicht Landeshauptmann-Stellvertreter, sondern Health-Food-Influencer.
Wie also kann sich ein Mensch derart verkleinern, onorevole Marco? Indem er Brot, Pasta, Zucker, Fleisch „eliminiert“ – und sie durch strikte Pflanzenkost ersetzt: „Bohnen mit vielen Ballaststoffen“ isst Galateo jetzt auf Anraten von Weight-Watcherin Anna Scarafoni, dazu Zucchini, Kartoffeln mit wenig Öl und „yogurt con zero grassi“. Nun muss man ihm gratulieren zu dieser spontan-vegetarischen (und pardon: latent woken) Wende. Und man muss uns beglückwünschen: Wollten wir unsere Rechten nicht immer um ein Drittel schrumpfen? Doch dann hat man wieder den Galateo von gestern im Ohr. „Speck is family“, Schwein als Freudenspender in New York, war da nicht was? Im Mai 2024, also wie wir jetzt wissen, schon mitten in seiner fleischarmen Diät, erklärte er den Speckkonsum noch zum Naturgesetz: „Wir haben immer Speck daheim. Das isst man bei uns einfach.“ Außer halt, man lässt ihn in Wirklichkeit weg.
Galateo hat uns ein Schwein aufgebunden, er hat Speck gepredigt und Joghurt gelöffelt. Und natürlich könnte man darüber hinwegsehen, wenn es nicht alles so bezeichnend wäre. Moderne Rechtspopulisten gefallen sich nicht aus Unwissenheit in der Pose des stählernen Machos, sondern aus politischem Kalkül: Sie schimpfen über Feministinnen und Klimaforscher, während sie gleichzeitig ihre Töchter fördern und ihr Haus weit weg von der Küste bauen. Auch das ist Populismus: Man weiß, was richtig wäre, und erzählt das Gegenteil. Das „yogurt senza grassi“ ist nur für den Eigenbedarf.
von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg
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