Kellerei „Rottensteiner“, Bozen – kleine Lagrein-Riserva-Vertikale und Präsentation des „Trigon“, ein neuer Super-„L“ aus Bozen-Gries.
Außensicht
Tourismus in Bruneck: Sterndeuter
Aus ff 37 vom Donnerstag, den 11. September 2025
Ende Juni sah man am Himmel ein seltenes Ereignis, zumindest von der Südhalbkugel aus. Zwei neue Sterne tauchten fast gleichzeitig auf, und so hell leuchteten V462 Lupi und V572 Velorum, dass sie Südtirols Hoteliere wohl neidisch machten. Haben wir da nicht auch was? Klar haben wir, nur dass unsere Astronomen noch ein G vorne dran tragen. Gleich fünf neue Sterne (oder vier superior) will Hotelier Bruno Wolf aufgehen lassen, direkt am Kronplatz, wo man sie beim Vorbeiwedeln bestaunen kann. Und weil das Pustertal nun wirklich mehr Verkehr braucht, sind 450 Parkplätze (für 140 Betten) inkludiert.
Dem Unternehmer Wolf kann man keine Vorwürfe machen, er tut, was Touristiker tun: Er baut größer, tiefer, weiter und „qualitativ hochwertig“, wie er sagt, also teuer. Aber Wolf ist eben nicht nur Hotelier, er ist auch Bürgermeister von Bruneck und damit eigentlich auch für Bettenstopps zuständig und dafür, den Übertourismus einzudämmen. Ein Interessenkonflikt, so offensichtlich, dass ihn Wolf in der Tageszeitung präventiv anspricht: „Ich habe mich selbst gefragt, ob ich nicht einen großen Fehler mache.“ Aber, und hier wird die Yoga-Übung zum Spagat: Schuld am Gästestau seien ja nicht die Hoteliere, sondern die „illegalen Privatvermieter und Wildcamper“. Locken tun immer die anderen.
Es sind Sätze, die zeigen: Man kann von Politikern (Wolfs Vorgänger ist der Projektplaner) nicht erwarten, ein System zu reformieren, von dem sie selbst am besten leben. Es ist, als würde man einen Casino-Besitzer zum US-Präsidenten ernennen, damit er Korruption bekämpft. Oder Seilbahn-Lobbyisten in den Ischgler Gemeinderat wählen und sie mit Corona-Sperrungen betreuen. Es wird nicht funktionieren, nicht weil die Leute schlecht wären, sondern weil es allem widerspricht, wofür sie stehen: Wer nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel. Und wer immer schon Betten gebaut hat, sieht selbst in einem Luxushotel eine Maßnahme gegen Übertourismus. Man hätte all das ahnen können, aber so ist das eben mit neuen Sternen. Aus der Ferne strahlen sie. Nur wer daneben wohnt, spürt die Explosion.
von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg
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