Außensicht

Altkleidersammlung: Hudern

Was habe ich gestöhnt, als es hieß, die Caritas gibt die Altkleidersammlung auf! Denn, wenn ich mir auch einbilde, ich kaufte Klamotten bewusst ein und die Altkleider-Müllberge an afrikanischen Stränden hätten mit mir persönlich nichts zu tun: Die Realität im Kleiderschrank sieht anders aus. Da ist jeder Winkel besetzt, ja vollgestopft, und trotzdem habe ich nichts anzuziehen (ein weitum bekanntes Phänomen). Studien geben mir recht: Demnach ist das Pareto-Prinzip auf unser Anzieh-Verhalten anwendbar, die meisten von uns tragen 20 Prozent ihrer Klamotten 80 Prozent ihrer Zeit, und satte 25 Prozent der Kleider kommen gar nicht mehr ans Tageslicht.
Periodisch wird dann ausgemistet, wenn der Platz allzu knapp wird, und der so frei gewordene bleibt nie lange leer, weil Kleidung einfach viel zu billig ist (und man gefühlt ja nichts anzuziehen hat). Meine Hoffnung lag also, trotz anfänglichem Schock, ganz auf dem Rückzug der Caritas. Wenn wir unsere Hudern nicht mehr so leicht loswerden, würde das doch bestimmt auch unser Kaufverhalten einbremsen, denn: wohin mit der zehnten Bluse, dem fünften Mantel? Dann doch lieber wenige, dafür hochwertigere Teile.
Einen Strich durch diese Strategie hat mir aber der Direktor des Landesamts für Abfallwirtschaft im Rai-Interview gemacht, der betonte: Die Gemeinden haben alles im Griff, es geht so weiter wie bisher. Oh nein! Was ich brauche, ist kein „weiter wie bisher“, sondern ein am Recyclinghof postierter Klamottenpolizist, der meine Altkleider streng beäugt und mir die Fragen stellt, die ich mir eigentlich selbst stellen sollte: Warum hast du das gekauft? Die Farbe steht dir doch gar nicht! Und zu welchem Anlass genau wolltest du diese Teile noch mal anziehen? Du gehst doch weder auf Country-Feste noch zu Staatsbanketts! Nix da, weiter wie bisher. Macht es uns bitte nicht zu leicht, uns nicht zu ändern.

von Alexandra Kienzl | Kolumnistin, Englisch-Lehrerin und ehemalige ff-Redakteurin 

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